Gesundheit

TCM und Frauengesundheit: Im Talk mit TCM-Ernährungsberaterin Sandra Langschwert

Regelschmerzen, Migräne, hormonelle Dysbalance.  Viele Frauen kennen das. Oft werden Beschwerden einfach hingenommen oder unzureichend behandelt. TCM-Ernährungsberaterin und Mentorin für Frauengesundheit Sandra Langschwert weiß, wie eine Ernährung nach der traditionellen chinesischen Medizin helfen kann und gibt Tipps für den Alltag.

TCM Ernährung
  • Was ist TCM?

  • Die Frau aus der Sicht der TCM

  • Ernährung nach den fünf Elementen der TCM

  • Experteninterview mit Sandra Langschwert

Nach der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) hat die Ernährung einen großen Einfluss auf den Körper und seine Gesundheit. Dabei ist es entscheidend, das Gleichgewicht zwischen Yin und Yang herzustellen. Mit einer ausgeglichenen Körpermitte werden die Selbstheilungskräfte aktiviert, Beschwerden und Krankheiten werden geheilt. Im Gegenzug dazu kann ein Ungleichgewicht im Körper Beschwerden und Krankheiten hervorrufen. 

Was ist TCM?

Die Wurzeln der traditionellen chinesischen Medizin reichen weit zurück in die Ursprünge der chinesischen Geschichte. Als Ergänzung zur westlichen Medizin bzw. als alternative Heilmethode gewinnt TCM auch in Europa immer mehr an Bedeutung. Im chinesischen Verständnis hängt die Lebenspflege (Yang Sheng) unmittelbar mit dem Ziel der Gesundheit bis ins hohe Alter zusammen. Im Vordergrund steht die Erkenntnis, dass sich alle körperlichen und physischen Vorgänge im Menschen gegenseitig beeinflussen. Die TCM handelt auf eine ganzheitliche und natürliche Weise.

Yin und Yang sind die Urkräfte des Lebens. Sie sind untrennbare, miteinander verbundene Gegensätze, die sich ergänzen und ohne den anderen nicht existieren können. Wird die Harmonie von Yin und Yang gestört, kann die Lebensenergie, das Qi, nicht richtig fließen. Das Qi wird auch als „Quelle des Lebens” oder „innere Kraft” bezeichnet. Wenn es in ihrem Fluss gestört wird, führt es zu Unbehagen und Krankheiten. 

Yin und Yang
Das Yin-Yang-Symbol wird im chinesischen Tajitu genannt und wird als „Grundlage des Universums" angesehen. (Foto: Shutterstock)

Das bekannte Symbol für Yin und Yang ist das schwarz-weiße Taijitu. Die dunkle Fläche steht für Yin, die helle Fläche für Yang. Beide tragen einen Kern des Gegenpols in sich. Zur Yin-Seite zählen unter anderem das Weibliche, die Erde, die Nacht oder Ruhe und Erholung. Gegenüber steht die Yang-Seite mit dem Männlichen, dem Himmel, dem Tag oder der Aktivität. Aus Sicht der TCM entstehen Krankheiten durch Disharmonien der Yin- und Yang-Aspekte. Zum Beispiel sind Schlafstörungen auf einen Yin-Mangel zurückzuführen, die mit der Wiederherstellung der Ausgewogenheit beseitigt werden. 

Die Frau aus der Sicht der TCM

Nach der chinesischen Vorstellung beginnt bei Mädchen im Alter von sieben Jahren das Qi zu erblühen. Der Eintritt der Periode mit ungefähr 14 Jahren wird „Tau des Himmels” genannt. In der TCM ist eine regelmäßige und schmerzlose Regelblutung selbstverständlich. Wenn Frauen dabei dennoch Schmerzen empfinden, hat das wiederum mit einer Disharmonie zwischen Yin und Yang zu tun.

Mit 21 Jahren ist die Nierenessenz einer Frau am höchsten. Die Niere hat in der TCM eine bedeutende Rolle. Sie speichert die Lebensessenz und wird die „Wurzel des Lebens” genannt. Die Energie der Niere ist die Grundlage für alles Substanzielle (wie Knochen, Haare, Wachstum, Fortpflanzung), alles Funktionelle (wie Organfunktionen, Lebenswille, Abläufe im Körper) und dem Qi im Körper.

„Qi formt den menschlichen Körper genauso wie Wasser zu Eis wird. So wie Wasser wird, um Eis zu werden, so ballt sich auch das Qi zusammen, um den menschlichen Körper zu formen." - Wang Chong (chinesischer Arzt, 27-97 n. Chr.)

Ab Mitte 30 nimmt die Nieren-Energie wieder ab. Sie bestimmt alterstypische Erscheinungen wie das Ergrauen der Haare, die Menopause und einhergehende hormonelle Veränderungen oder den Libidoverlust. Die Abnahme der Nieren-Energie ist ein natürlicher Vorgang. Wie schnell die Energie erschöpft ist, kann jedoch durch die Lebensweise und die Ernährung beeinflusst werden. In jüngeren Jahren zeigt sich die Nieren-Energie durch Vitalität, sexuelles Verlangen, Fruchtbarkeit und Kreativität. Das Feuer ist entfacht und wir strotzen vor Energie.

Eine geschwächte Niere kann sich durch das Ausbleiben der Regelblutung, sexuelle Unlust oder Unfruchtbarkeit zeigen. Auch ständige kalte Füße und Hände sind ein Zeichen dafür. Mit dem Eintritt der Menopause soll der Verlust von Qi, Blut und Körperflüssigkeiten verhindert werden. Es hilft der Frau, gesund und vital zu altern. Die Wechseljahre werden auch liebevoll „zweiter Frühling” genannt.

Frauengesundheit
In der traditionellen chinesischen Medizin werden Frauenleiden auf natürliche Weise behandelt. (Foto: Shutterstock)

In der chinesischen Sichtweise sind alle Körperteile und Organfunktionen nach Yin und Yang eingeteilt. Jedes Organ hat dabei seine Arbeits- und Ruhezeiten. Dieser natürliche Rhythmus wird in der Organuhr dargestellt. Bei der Menstruation und der Menopause sind vor allem Nieren, Milz, Magen, Herz und Leber beteiligt. Menstruationsbeschwerden können die Folgen einer Unausgeglichenheit dieser Organe sein. Sind Yin und Yang nicht im Einklang, können Hormonstörungen die Folge sein. Störungen im Hormonhaushalt haben körperlichen und seelischen Auswirkungen. Sie belasten Frauen besonders als prämenstruelles Syndrom (PMS), Zyklusstörungen, Menstruationsbeschwerden, sexuelle Funktionsstörungen oder als klimakterisches Syndrom während der Wechseljahre.

Ernährung nach den fünf Elemente der TCM

In der TCM sind die fünf Geschmäcker nach den fünf Elementen eingeteilt. Diese sind dann jeweils bestimmte Organe zugeordnet, die den Körper auf eine gewisse Art und Weise beeinflussen:

  1. Sauer: Holz - Leber und Gallenblase 
  2. Bitter: Feuer - Herz und Dünndarm
  3. Süß: Erde - Milz/Pankreas und Magen
  4. Scharf: Metall - Lunge und Dickdarm
  5. Salzig: Wasser - Niere und Blase

Jedes Lebensmittel ist in seinem Geschmack, seiner Wirkung, seiner Thermik (kalt, kühl, neutral, warm, heiß) und seinem Organbezug aufgeschlüsselt. Kühlende Nahrungsmittel sollen mit wärmenden Zutaten ergänzt werden, um im Körper keine unerwünschte Kälte oder Hitze zu erzeugen. Die Ernährung ist den jahreszeitlichen Veränderungen angepasst. Dabei gilt es, ein ausgewogenes Verhältnis aller fünf Geschmacksrichtungen zu schaffen und im Zyklus der fünf Elemente zu kochen. In der TCM werden nur natürliche, frische und unverarbeitete Nahrungsmittel verwendet. Ebenso werden Mikrowelle, Fertigprodukte und Co. aus der Küche verbannt. 

Sandra Langschwert
Im Talk mit Sandra Langschwert

Sandra Langschwert ist eine Expertin auf diesem Gebiet. Sie ist TCM-Ernährungsberaterin und Mentorin für Frauengesundheit.

Mit uns spricht sie über den Einfluss der traditionellen chinesischen Medizin auf unsere Hormone und unseren Körper.

Foto: Sandra Langschwert © TVKFotografie

In welchen Bereichen kann eine Ernährung nach TCM helfen?

Die traditionelle chinesische Medizin ist eine Jahrtausende alte Heilkunde, die ihren Schwerpunkt auf die Gesundheitsprävention legt. Daher ist mir wichtig an dieser Stelle zu sagen, dass es in erster Linie darum geht, das Gleichgewicht im Körper und auf den 3 Ebenen - Körper, Geist und Seele - zu erhalten, damit gar keine Krankheiten (Ungleichgewichte) entstehen.

Besonders „schnell” wirken Veränderungen in Ernährungsgewohnheiten, die sich am Konzept der TCM-Ernährung orientieren, wenn es um Verdauungsbeschwerden (Blähbauch, Blähungen, Verstopfung, Durchfall, Sodbrennen, …) geht. 

Außerdem habe ich persönlich und einige meiner Kundinnen schon sehr gute Erfahrungen mit der TCM-Ernährung gemacht, wenn es um Beschwerden im weiblichen Zyklus und der Frauengesundheit geht. Also bei Regelschmerzen, PMS-Symptomen, Migräne, Endometriose, oder auch in der Perimenopause.

Da wir auch in der TCM-Ernährung ganzheitlich arbeiten und es nicht nur darum geht den Körper (mit Nahrungsmitteln) zu nähren, sondern auch den Geist, kann der Ansatz der TCM-Ernährung auch bei Erschöpfung, Burnout, Schlafstörungen und Konzentrationsstörungen helfen.

Kurzum: Es gibt eigentlich keinen Bereich (im Leben), wo die TCM (Ernährung) nicht unterstützen kann. 



Wie hängt unsere Ernährung mit unserem Hormonhaushalt zusammen?

„Du bist, was du isst.” Dieser Satz ist vielleicht schon etwas abgedroschen, passt aber immer noch. Egal was wir essen, die Bestandteile davon landen in unseren Zellen. Hormone werden an den unterschiedlichsten Stellen im Körper produziert. In Drüsen im Gehirn, der Schilddrüse, den Nebennieren, den Eierstöcken und eben auch im Darm. 

Ernährung kann wie Medizin sein, aber auch Stress verursachen. Und je nachdem reagiert das sehr empfindliche Hormonsystem unseres Körpers darauf. Nähre ich meinen Körper individuell passend, so kann er Energie aus der Nahrung gewinnen und die Hormonproduktion läuft entspannt und so wie sie soll. Stresse ich meinen Körper mit Ernährung (z.B. durch zu viel Zucker, Kaffee, Fertigprodukte oder Lebensmittel von schlechter Qualität), dann beeinflusst das unseren Hormonhaushalt im negativen Sinn. 



Wie kann die hormonelle Balance durch eine Ernährung nach TCM positiv beeinflusst werden?

Indem wir den Fokus darauf legen, eine „starke Mitte“ zu haben. Die sogenannte Mitte in der TCM meint im weitesten Sinne unsere Verdauung. Die beginnt bereits im Mund beim Kauen. Ausreichend gutes Kauen, damit die aufgenommene Nahrung als körperwarme Suppe im Magen ankommt, ist gleich mal ein Tipp, der sich einfach im Alltag umsetzen lässt, für viele aber schon ein großes Stück Arbeit ist. 

Die Mitte nähren wir außerdem durch dreimal täglich warm und gekocht essen und mit einer ausgewogenen Ernährung, die wenig Fertigprodukte und hoch verarbeitete Lebensmittel beinhaltet. Auch wichtig: mit der Natur gehen und saisonale Lebensmittel wählen. 

Nicht weniger wichtig für eine starke Mitte ist die mentale Arbeit. Denn das ständige Grübeln und sich Sorgen machen schwächt unsere Mitte genauso wie eine für uns unpassende Ernährung. 



Welchen Einfluss hat der Zyklus auf unseren Lebensalltag?

Alles in unserem Leben wird vom Zyklus und dem Hormonsystem beeinflusst.

Appetit, Essverhalten, Schlaf, Energie, Stimmung, Kreativität, sexuelles Verlangen, Produktivität, Bedürfnis nach Bewegung und Ruhe, Konzentrationsfähigkeit, Immunsystem, Stoffwechselprozesse, usw.

Je nach Zyklusphase ist der Hormon-Mix ein anderer in unserem Körper. Insgesamt gibt es 4 Phasen: die Menstruation oder Periode (Blutung), die Follikelphase (die Zeit zwischen Blutung und Eisprung), die Ovulation (der Eisprung) und die Lutealphase (die Zeit zwischen Eisprung und Menstruation). Warum? Weil es im Verlauf des Zyklus andere Ziele von Mutter Natur gibt. 

Ein Beispiel: In der Follikelphase - der Zeit vor dem Eisprung - reift die nächste Eizelle heran und wir befinden uns schön langsam auf Partnersuche, um uns fortzupflanzen und unsere Spezies zu erhalten (das ist das einzige Ziel von Mutter Natur). In dieser Phase dominieren die Östrogene in unserem Körper und wir fühlen uns attraktiver, sind kommunikativ und lösungsorientiert. In der zweiten Zyklushälfte geht es darum darauf zu warten, ob sich eine befruchtete Eizelle einnistet und wir schwanger geworden sind. Nun dominiert Progesteron und wir haben das Bedürfnis, uns zurückzuziehen. Unser Nestbau-Trieb wird aktiv. 



Wie kann ich meinen Zyklus für mich nutzen?

Durch das Wissen über die körperlichen Vorgänge, welche Hormone wann präsent sind und welche Emotionen wir wann empfinden (können). Damit lässt sich der Alltag sowohl beruflich als auch privat anders planen und nutzen. 

In der ersten Zyklushälfte fällt es einem besonders leicht, Pläne zu erstellen, sich den Finanzen zu widmen oder auch Mitarbeitergespräche zu führen oder Präsentationen zu halten. Auch sind wir sportlich aktiver und können längere Trainingseinheiten machen. 

In der zweiten Zyklushälfte brauchen wir es oftmals ruhiger. Dafür sind wir kreativer, künstlerischer und es kann gut vorkommen, dass wir in einen Flow geraten und unsere Gedanken in Texte gießen können oder uns etwas Gutes kochen. Nicht so passend fühlen sich da manchmal Familienfeste oder der Kinoabend mit der besten Freundin an, weil wir uns eher nach Rückzug und Ordnung in den eigenen 4 Wänden sehnen. 

 

Wie kann ich eine Ernährung nach TCM einfach in den Alltag integrieren?

3 Tipps, die sich sehr leicht in den Alltag integrieren lassen:

  1. Frühstücken - am besten warm und gekocht in der Zeit von 7:00 Uhr bis 11:00 Uhr - der klassische Porridge (egal, ob süß oder pikant) nährt unsere Mitte. Eine Suppe ist aber genauso möglich, wie es in vielen asiatischen Ländern üblich ist. 
  2. So wenig Fertigprodukte wie möglich. Dazu zählt die Tiefkühlkost genauso wie Mikrowellengerichte oder die Packerlsuppe. 
  3. Wasser trinken. Klingt banal, ist aber für viele tatsächlich eine Herausforderung. Keine Säfte oder Limonaden und auch nicht zu viel Kaffee. Damit helfen wir unserem Körper täglich auszuschwemmen, was wir nicht brauchen. 



Welche Möglichkeiten gibt es in der TCM, abseits der Ernährung, noch?

Die traditionelle chinesische Medizin basiert auf 5 Säulen:

  1. Akupunktur
  2. Bewegungstherapien mit einem Fokus auf den Atem wie Qi Gong
  3. Massagetechniken wie Tuina oder Shiatsu
  4. Kräutertherapie
  5. TCM Ernährung nach den 5 Elementen

Wichtig ist, dass man sich um Körper, Geist und Seele gleichermaßen kümmert, denn nur durch die Balance aller Dinge sind wir gesund. 

Sandra Langschwert

TCM Ernährungsberaterin und Mentorin für Frauengesundheit

Website: www.imzyklus.at

Tags

Recommended posts for you