Ist veganes Leder umweltfreundlich?
Die Modeindustrie schenkt der Verwendung von veganem Leder immer mehr Beachtung. Oft wird es als eine umweltfreundlichere Alternative zu herkömmlichen Leder angepriesen. Aber ist es wirklich so nachhaltig, wie wir denken?
Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Aspekt, den viele von uns in unserem täglichen Leben berücksichtigen. Wir versuchen, umweltbewusster zu leben und uns für Produkte zu entscheiden, die eine geringere Auswirkung auf die Umwelt haben. Auch in der Fashionwelt wollen wir immer mehr auf nachhaltige Materialien achten.
Eine Lüge der Modeindustrie
Veganismus ist eine Lebensweise, die darauf abzielt, Tierleid zu vermeiden. Jährlich werden über eine Milliarde Tiere weltweit für die Herstellung von tierischem Leder getötet und gehäutet. Viele Menschen bevorzugen veganes Leder (Kunstleder), weil es frei von Tierprodukten ist. Jedoch wissen die wenigsten: das Material, aus dem veganes Leder hergestellt wird, ist oft eine Mischung aus verschiedenen synthetischen Stoffen wie Polyurethan (PU) und Polyvinylchlorid (PVC).
Diese Kunststoffe haben eine schlechte Umweltbilanz und sind schwer zu recyceln. Außerdem basiert Plastik auf Erdöl und erzeugt bei der Herstellung Giftstoffe, die nicht nur für die Umwelt schädlich sind, sondern auch für die Menschen in den Fabriken. Ähnlich wie bei Plastikflaschen dauert es sehr lange, bis veganes Leder biologisch abgebaut wird.
Es liegt im Trend, Plastik zu vermeiden. Wiederbefüllbare Trinkflaschen, Strohhalme aus Papier und das schlechte Gewissen, wenn man schonwieder beim Einkauf die Stofftüte zu Hause vergessen hat und eine Plastiktragetasche im Supermarkt kaufen muss. Die Ironie des veganen Leders erzeugt den Glauben, umweltbewusst zu handeln, während man im Plastikoutfit durch die Stadt läuft.
Neben der Unwissenheit und dem Vermeiden von Tierleid ist wohl der Preis ein wichtiger Faktor für den Kauf von veganem Leder. Es ist günstiger als herkömmliches Leder und bei hochwertiger Herstellung langlebig und strapazierfähig. Für Menschen, die auf tierisches Leder allergisch reagieren, scheint es eine gute Lösung zu sein.
Alternativen zu Kunstleder
Es gibt jedoch auch andere Möglichkeiten zu Leder, die umweltfreundlicher und vegan sind. Pflanzenbasierte Materialien sind die nachhaltigere Option und werden immer beliebter.
Piñatex
Piñatex ist ein innovatives Material, das aus den Fasern von Ananasblättern hergestellt wird. Die sonst als Abfallprodukt angesehenen Blätter bekommen dadurch eine neue Verwendung. Das Material ist langlebig, wasserabweisend und atmungsaktiv. Erfunden wurde die Leder-Alternative von der Spanierin Dr. Carmen Hijosa. Bei einer Geschäftsreise auf den Philippinen entdeckte sie, dass Weber aus den Fasern der Ananasblätter das traditionelle Hemd Barong Tagalog herstellten.
Pilzleder
Pilzleder ist eine Alternative zu Kunstleder, die aus dem Myzel (dem Wurzelsystem) von Pilzen hergestellt wird. Es ist biologisch abbaubar und zersetzt sich innerhalb weniger Wochen. Das Material ist reißfest, wasserabweisend und atmungsaktiv.
Pilze können weltweit angebaut werden, weshalb das Material nahezu überall hergestellt werden kann. Ein weiterer Vorteil: sie müssen nur ungefähr zwei Wochen wachsen, bis sie geerntet werden können. Das innovative Pilzleder wurde bereits von großen Marken wie Ganni, Hermés oder Stella McCartney eingesetzt.
Korkleder
Korkleder wird aus der immer wieder nachwachsenden Rinde von Korkeichen gewonnen. Der Baum nimmt dabei keinen Schaden und kann ungefähr alle neun Jahre abgeerntet werden. Korkleder ist genauso reißfest und stabil wie echtes tierisches Leder. Für die Herstellung von Kleidung wird nur die mittlere Schicht verarbeitet, da diese die beste Qualität und Feinheit aufweist. Aus den übrigen Schichten werden Flaschenkorken oder Bodenbeläge gefertigt.
Apfelleder
Apfelleder ist eine innovative Option für veganes Leder, das aus den Abfällen der Saftproduktion gewonnen wird. Der Trester aus Schale, Stängel und Fasern wird zu einem lederähnlichen Material verarbeitet, das langlebig und wasserabweisend ist. Einziger Nachteil: manche Hersteller verwenden als Bindemittel einen Kunststoff wie PU. Jedoch kommen mehr und mehr biologisch abbaubare Kunststoffalternativen zum Einsatz, die Apfelleder zu einer nachhaltigen Alternative werden lassen.
Kaktusleder
Das mexikanische Start-up Desserto entwickelte das Kaktusleder und belieferte schon große Marken wie Givenchy, Karl Lagerfeld oder Mercedes-Benz. Die beiden Gründer Adrián López Velarde und Marte Cázarez wollten damit eine umweltschonende Alternative für herkömmliches Leder bieten. Das Kaktusleder wird aus dem Feigenkaktus hergestellt und ist besonders widerstandsfähig, atmungsaktiv und langlebig.