The Girl Next Door: Im Gespräch mit Fani Agisilaou über Intimismus und Weiblichkeit
Fani Agisilaou erforscht in ihrer Malerei das Konzept des Intimismus, um persönliche Erfahrungen zu veranschaulichen und die psychologische Komplexität von Frauen zu ergründen. Ihr Ziel ist es, Frauen als starke, schöne und unabhängige, aber auch verletzliche Individuen darzustellen.
In ihrer aktuellen Arbeit hat die zypriotische Künstlerin Fani Agisilaou ihren Fokus auf die Malerei verlagert, um das Konzept des Intimismus zu erforschen, das persönliche und intime Erfahrungen illustriert. Fanis jüngste Werkserie fußt auf phänomenologischer Forschung, die die subjektive Erfahrung eines Individuums - in diesem Fall Fani selbst - untersucht. In ihrer Kunst schafft sie eine Mischung aus Werken, die zu einem visuellen Tagebuch angeordnet sind und von entscheidenden Ereignissen im Leben eines "gewissen Mädchens" und ihrer dualen Rolle als Akteurin und Beobachterin sprechen, während sich diese Ereignisse entfalten.
Indem sie sich bewusst als Beobachterin positioniert, kann die in England studierte Künstlerin ein breiteres, ganzheitlicheres Verständnis der Dynamiken und Phänomene gewinnen. Auf diese Weise entstehen Werke, die nicht nur eine tiefgründige Reflexion ihrer selbst darstellen, sondern auch den Betrachter dazu ermutigen, sich selbst in der Kunst wiederzufinden.
Wie bedeutet zeitgenössische Kunst für Sie?
Fani Agisilaou: "Meiner Erfahrung nach bietet zeitgenössische Kunst Künstlerinnen und Künstlern einen Raum, um ihre persönlichen Erfahrungen und Interpretationen der Welt um sie herum zu erforschen und auszudrücken, oft ohne durch traditionelle künstlerische Bewegungen oder Stile eingeschränkt zu sein. Als solche kann sie eine wichtige Form der kulturellen Kommentierung sein und eine Möglichkeit für Künstler:innen, Denkanstöße und Diskussionen zu provozieren."
Wer sind Ihre Vorbilder?
Fani Agisilaou: "Ich möchte mich auf einige lebende Künstlerinnen beziehen! Ich kann sagen, dass ich im Laufe der Jahre viele Vorbilder hatte, aber in letzter Zeit bewundere ich besonders die Arbeit von Inès Longevial, Robin Frances Williams und Hope Gangloff. Alle drei sind weibliche Malerinnen und ich liebe ihre Arbeit, jede aus unterschiedlichen Gründen. Die Arbeit von Inès Longevial ist so sanft und gleichzeitig kraftvoll. Ihre Arbeit zeichnet sich oft durch vereinfachte Formen und flache Räume aus, mit einem Fokus auf der menschlichen Figur, insbesondere weiblichen Körpern, und sie wirkt aus meiner Perspektive sehr persönlich. Die Gemälde von Robin Frances Williams sind sehr kraftvoll. Die Art und Weise, wie sie Texturen, Fluss und Bewegung innerhalb der Gemälde erforscht und experimentiert, ist einzigartig. Hope Gangloff kreiert diese starken und farbenfrohen figurativen Gemälde und Porträts, in denen Familienmitglieder und Freunde porträtiert werden und es ihr gelingt, die einzigartigen Persönlichkeiten und Charaktere jedes Einzelnen einzufangen. Ihr figurativer Stil ist sehr ausdrucksstark und sie verwendet oft lebendige Farben und kraftvolle Linien. Ich liebe einfach alles daran."
Welche Vision verfolgt Ihre Kunst?
Fani Agisilaou: "Ehrlich gesagt denke ich, dass meine "Vision" sehr persönlich sein kann. Sie dient als Möglichkeit, meine eigenen Emotionen und Erfahrungen zu verarbeiten, daher beschäftigt sie sich oft mit Identität, Erinnerungen oder Beziehungen. Ich weiß, dass ich meine Arbeit nutze, um meine eigenen Herausforderungen und Perspektiven zu kommunizieren und hoffentlich anderen Menschen den Raum zu geben, sich in meiner Arbeit wiederzufinden oder sich mit einzubeziehen."
"Meine Werke sind meistens wie ein Puzzle, die vom Betrachter absichtlich zusammengesetzt werden müssen." Fani Agisilaou
Ihre Kunstwerke handeln hauptsächlich von Frauen. Was bedeutet Weiblichkeit für Sie?
Fani Agisilaou: "Was ich an diesem Begriff faszinierend finde, ist, dass er für verschiedene Menschen unterschiedliche Bedeutungen haben und auf verschiedene Arten ausgedrückt werden kann. Für mich bedeutet Weiblichkeit eine wunderschöne, komplexe Sache, die nicht erfasst oder in eine Schublade gesteckt werden kann. Sie verändert sich, wenn ich älter werde, wenn meine Freunde wachsen, wenn wir einander zeigen, wie sie aussehen kann. An diesem Punkt in meinem Leben würde ich sagen, dass Weiblichkeit beinhaltet, schamlos verletzlich, mutig und kühn zu sein. Ich finde Weiblichkeit beeindruckender, wenn sie auf einem weiblichen Körper zum Ausdruck gebracht wird, da sie die gesamte Geschichte dessen beinhaltet, was es bedeutet, eine Frau in unserer Gesellschaft zu sein und was passieren musste, um die Normen und Erwartungen für Frauen zu verändern. Weiblichkeit kann ein ermächtigendes Konzept sein, das es Individuen ermöglicht, ihre einzigartige Identität anzunehmen und auszudrücken und Geschlechtsnormen und Erwartungen herauszufordern."
Wie schafft Ihre Kunst ein Sprachrohr für weibliche Sexualität?
Fani Agisilaou: "Als Frau selbst präsentiere ich in meiner Kunst persönliche Kämpfe und auslösende Ereignisse, die mit Familie, romantischen Beziehungen und der Definition der Identität zu tun haben. Folglich präsentiere ich auch einen Teil dieser weiblichen Sexualität. Ich nutze auch den persönlichen Raum eines Menschen - die Idee von "Zuhause" ist für mich direkt mit der Sexualität einer Person verbunden. Was ich sagen möchte ist, dass meine Kunst keine spezifische oder direkte Botschaft über weibliche Sexualität enthält, und das ist für mich tatsächlich die ganze Idee dahinter. Meine Arbeit ist meistens wie ein Puzzle oder eine Geschichte, die vom Betrachter absichtlich zusammengesetzt werden muss, um die weibliche Sexualität dahinter zu erkennen und zu schätzen."
Erzählen Sie uns mehr über Ihre Projekte für dieses Jahr!
Fani Agisilaou: "Ich habe kürzlich eine Reihe von Interviews mit einigen meiner engen Freunde durchgeführt. Die Fragen sind persönlich und sollen mir helfen, für jeden der Charaktere eine Serie von Porträts zu erstellen. Das Projekt heißt "Womance" und spricht für sich. Womance zeichnet sich oft durch gegenseitige Unterstützung, Vertrauen und Respekt sowie eine gemeinsame Geschichte und ein tiefes Verständnis für die Erfahrungen und Perspektiven der anderen aus. Es kann emotionalen Trost und ein Gefühl der Zugehörigkeit bieten und für Frauen besonders wichtig sein, die einer Vielzahl von gesellschaftlichen und kulturellen Druck im Zusammenhang mit Beziehungen, Familie und Karriere ausgesetzt sein können. Die Absicht dieses Projekts ist es, einen Schritt zurückzutreten und uns daran zu erinnern, dass das Konzept der Weiblichkeit komplex und vielschichtig ist und von einer Vielzahl von Faktoren wie Herkungt, Familie, Ethnizität, Klasse, Religion und Sexualität beeinflusst werden kann."
"Meine Kunst dient als Möglichkeit, meine eigenen Emotionen und Erfahrungen zu verarbeiten, daher beschäftigt sie sich oft mit Identität, Erinnerungen oder Beziehungen." Fani Agisilaou