PREISGEKRÖNTE MODE: DIE GEWINNER:INNEN DER AUSTRIAN FASHION AWARDS 2024
Jedes Jahr kürt die Austrian Fashion Association Österreichs vielversprechendste Designer*innen und Rohdiamanten der Modeszene. Christina Seewald gewann mit ihrem gleichnamigen Label den diesjährigen Preis in der Kategorie “Outstanding Artist Award für experimentelles Modedesign” und Martin Niklas Wieser den “Modepreis der Stadt Wien”. Im Gespräch mit L’Officiel Austria lassen die beiden hinter die Kulissen ihrer Brands blicken.
Was bedeutet es für Dich, mit dem Austrian Fashion Award in der Kategorie “Outstanding Artist Award für experimentelles Modedesign” ausgezeichnet worden zu sein?
Es ist eine tolle Bestätigung und gibt mir die Freiheit, im experimentellen Strick weiter Neues auszuprobieren und kreativ zu sein. Ich finde es großartig, dass es so einen Preis gibt, und hoffe, dass auch andere talentierte Künstlerinnen diese Möglichkeit weiterhin haben – trotz der wirtschaftlichen Lage.
Mit welchen drei Worten würdest Du Deine Kreationen beschreiben?
Intuitiv, mutig und subtil - in der Kleidung spielen wir mit Kontrasten und feinen Nuancen – so entstehen Stücke, die sich sanft, aber selbstbewusst tragen lassen.
Strick ist ein großer Fokus im Hause Christina Seewald. Warum hat Strick so eine große Bedeutung für Dich und die Brand und inwiefern revolutionierst Du das klassische Bild davon?
Strick ist für mich zentral, weil er so vielseitig ist und eine besondere Mischung aus Tradition und Innovation bietet. Ich sehe darin die Möglichkeit, handwerkliche Techniken neu zu interpretieren und sie mit modernen Schnitten und Texturen zu kombinieren. Für die Brand und mich bedeutet Strick, etwas Zeitloses zu schaffen, das gleichzeitig experimentell ist. Wir brechen mit klassischen Strickbildern, indem wir ungewöhnliche Materialien und mutige Designs einsetzen
In Deinen Kollektionen entscheidest Du Dich bewusst für neutrale Farbpaletten. Welchen Hintergrund hat diese Entscheidung?
Ich glaube, ich habe einfach eine natürliche Neigung zu neutralen Paletten – und die Brand auch. Für uns geht es weniger um auffällige Farben, sondern um feine Nuancen in den Mustern, die subtil wirken und eine besondere Tiefe geben. Diese hellen Nuancen sind für mich auch Farben; sie haben etwas Beruhigendes und Zeitloses. Oft inspiriert mich die Farbwelt von Objekten und Strukturen mit ähnlichen, natürlichen Tönen. So entsteht eine Kleidung, die beständig ist und über Trends hinaus wirkt.
Deine Pieces haben etwas Sanftes, fast Ätherisches an sich. Woher kommt Deine Inspiration?
Jede Season inspiriert mich etwas Neues – natürlich ziehe ich viel aus Alltagssituationen und alltäglicher Kleidung, aber auch aus Objekten, gesellschaftskritischen Texten, Filmen oder Dingen, die mich auf einer ganz intuitiven Ebene ansprechen, wie die Farben und Texturen in Essen. Diese Inspirationen fließen subtil in meine Arbeiten ein und sind nicht immer offensichtlich. Es geht mir darum, eine sanfte, fast ätherische Atmosphäre zu schaffen, die durch feine Details und Nuancen eine Geschichte erzählt.
Du beschreibst, dass Christina Seewald für die Zukunft der Mode steht. Auf welchen Ebenen ist die Brand richtungsweisend?
Wir wollen zeigen, dass Mode mehr sein kann als nur ein Kleidungsstück. Für uns stehen Werte wie Nachhaltigkeit, Inklusion und auch Zeitlosigkeit im Vordergrund. Unsere Stücke setzen auf hochwertige, europäische Produktion, um kurze Transportwege und faire Arbeitsbedingungen zu fördern. Durch den bewussten Fokus auf zeitloses Design schaffen wir Mode, die nicht nur aktuell ist, sondern lange Bestand hat.
Deine Kollektionen sind bereits auf internationalem Boden erhältlich. In welchen Städten möchtest Du Deine Pieces als nächstes hängen sehen?
Wir sind bereits auf dem internationalen Markt vertreten – unter anderem in Städten wie Los Angeles, Berlin, Tokio und Mailand. Zukünftig möchten wir uns noch stärker auf den asiatischen und amerikanischen Raum konzentrieren, da wir dort besonders viel Potenzial für unsere Brand sehen.
Was bedeutet es für Dich persönlich, mit dem Austrian Fashion Award in der Kategorie “Modepreis der Stadt Wien” ausgezeichnet worden zu sein?
Für mich bedeutet der "Modepreis der Stadt Wien" eine große Anerkennung meiner Arbeit. Er bestärkt mich darin, weiter mutig zu sein, Neues auszuprobieren und die Grenzen des Designs zu hinterfragen.
In Deinen Kreationen legst Du bewusst Wert darauf, mit Konventionen und Normen zu spielen und diese gezielt herauszufordern. Warum ist diese Herangehensweise für Dich als Designer wichtig?
Ich möchte Menschen und mich selbst dazu anregen, Sichtweisen zu hinterfragen und neue Perspektiven einzunehmen. Indem ich Konventionen und Normen herausfordere, möchte ich Mode lebendiger und offener für Veränderungen gestalten.
Wie kann man sich die Entstehung einer Kollektion im Hause MARTIN NIKLAS WIESER vorstellen?
Die Entstehung einer Kollektion bei uns ist ein sehr dialogorientierter Prozess. Vieles entsteht in Gesprächen, sei es im Team oder auch im Austausch mit Freunden. Diese Ideen fließen dann ins Atelier, wo der kreative Teil beginnt. Dort experimentieren wir viel mit Techniken wie dem Einfärben, verschiedenen Beschichtungen und der Drapage – direkt am Körper, um die richtige Form zu finden. Ich schätze besonders lebendige Kleidungsstücke, die eine gewisse Dynamik und Bewegung ausstrahlen.
Stoffe spielen dabei eine zentrale Rolle, da das Material selbst oft eine große Inspirationsquelle sein kann. Wir arbeiten gerne mit unterschiedlichen Textilien, die uns im Experimentieren neue Möglichkeiten bieten. Der Herstellungsprozess findet dann überwiegend lokal bzw. in Italien statt, damit wir die Qualität und die handwerkliche Präzision genau im Blick behalten können.
Woher nimmst Du Deine Inspiration?
Meine Inspiration kommt aus vielen verschiedenen Quellen. Oft sind es alltägliche Eindrücke, Gespräche oder Beobachtungen, die einen kreativen Prozess anstoßen. Der Austausch im Team und mit Freunden spielt eine wichtige Rolle, denn durch diese Dialoge entstehen neue Perspektiven und Ideen. Auch Materialien inspirieren mich sehr – oft beginnt der kreative Prozess, wenn ich einen bestimmten Stoff in den Händen halte und seine Struktur, Haptik oder Färbung auf mich wirken lasse. Das Experimentieren mit Formen und Techniken, aber auch Kunst, Architektur und Musik, beeinflussen mein Schaffen. Die Inspiration ist also überall und oft unerwartet.
Welches ist Dein aktuelles Lieblings-Piece aus Deiner Kollektion?
Mein aktuelles Lieblings-Piece ist ein oversized, doppelreihiges Herren-Sakko. Ich arbeite besonders gerne mit Tailoring, weil sich so vieles im Innenleben der Teile abspielt. Durch die handwerklichen Details kann man spannende, unerwartete Formen entwickeln. Außerdem fasziniert mich, wie stark Tailoring mit bestimmten Rollenbildern und Ideologien verbunden ist. Diese Themen aufzugreifen und neu zu interpretieren, bietet viel Raum für kreative Auseinandersetzungen, die mich besonders reizen.
Was ist Deine Vision für die Marke MARTIN NIKLAS WIESER?
Meine Vision für die Marke MARTIN NIKLAS WIESER ist es, die Produktpalette weiter auszubauen – insbesondere in Richtung Schuhe und Taschen. Es gibt so viele spannende Möglichkeiten, diese Bereiche zu erkunden und in unser Designkonzept zu integrieren. Gleichzeitig möchte ich auch generell mit mehr Menschen in Austausch treten, sei es durch Kollaborationen oder durch den Dialog mit unserer Community. Es ist mir wichtig, dass die Marke sich weiterentwickelt und lebendig bleibt, indem wir uns stetig von neuen Ideen und Perspektiven inspirieren lassen.