Einblicke in die Welt der Haute Couture
Zurück zu den Ursprüngen: Das Konzept der Haute Couture tauchte erstmals Mitte des 19. Jahrhunderts auf. Im Jahr 1858 eröffnete der englische Modeschöpfer Charles Frederick Worth sein eigenes Modehaus in Paris. Er war übrigens auch jener Pionier, der die Modekollektionen nach den Jahreszeiten trennte und dem wir daher die klassischen Saisonen verdanken. 1868 gründete er das High Fashion Syndikat, das bis heute die Säule und Vereinigung der führenden Pariser Modehäuser ist. Denn Couture, ist nicht gleich Haute Couture – nur Häuser, die Mitglied der Chambre Syndicale de la Haute Couture sind oder dazu eingeladen werden, dürfen ihre Mode unter dem Begriff anbieten. Ein erlauchter Kreis, immerhin zählen aktuell nur 16 Labels zu den ständigen Mitgliedern. Für sie gelten strenge Richtlinien, denn die jeweiligen Marken müssen ein Maß-Atelier mit mindestens 20 Vollzeit-Angestellten betreiben und mindestens 35 verschiedene, von Hand gearbeitete Unikate pro Saison präsentieren. Diesen Luxus leisten sich beispielsweise Traditionshäuser wie Dior, Chanel oder Givenchy. Weitere sieben Marken, darunter Versace oder Giorgio Armani, laufen unter dem Begriff der „Corresponding Members“ und 18 Gastdesigner, wie etwa Aganovich oder Guo Pei, wurde in der letzten Saison gezählt.
Die Spielregeln der Haute Couture
Saison ist dabei ein gutes Stichwort, denn die Haute Couture ist ein Gegenkonzept zu den Ready-to-Wear-Schauen und ist dementsprechend mit einer eigenen Modewoche ein Fixpunkt im Schauenkalender. Zweimal im Jahr finden die Präsentationen statt, zuerst im Januar und dann im Juli, wobei dieses Jahr aufgrund der aktuellen Situation, letztere vom Sommer auf den Herbst verlegt wurde. Die Einladungen sind dabei nicht minder begehrt, als die Kleider – nur ein erlesener Kreis darf sich über einen Sitzplatz freuen und die edlen Kreationen, die oft in wochenlanger Handarbeit gefertigt wurden, bestaunen. Auch das rechtfertigt den hohen Preis, der sich allerdings noch durch einen weiteren Umstand erklären lässt: In der Welt der Haute Couture gibt es eine Regel, die besagt, dass nur ein einziges Kollektionsstück oder ein einziger Look in ein Land verkauft werden kann, und wenn es bereits verkauft wurde, dann kann keine andere Kundin aus demselben Land es erneut bestellen. Das "Kunstwerk" wird mit einem Etikett versehen, das den Namen der Person trägt, die es in Auftrag gegeben hat, zusammen mit dem Namen des Couture-Hauses, der Saison der Kollektion, des Jahres und dem Namen seiner Besitzerin. Obwohl ähnliche Kleidungsstücke immer noch mit der technischen Idee des Originalstücks hergestellt werden können, ist keine identische Vervielfältigung erlaubt.
One of a kind…
Damit aber nicht genug, denn auch Auftragsarbeiten gehören zur Paradedisziplin der Haute Couture. Wenn der Kunde ein absolut maßgeschneidertes Stück in Auftrag geben möchte, beginnt alles mit einer Skizze, oder besser gesagt, mit einer persönlichen Präsentation schöner Skizzen. Ein ganzes Team von Designern unter der Leitung der Kreativdirektion des Hauses wird unermüdlich an den Skizzen arbeiten, bis zum letzten Moment und der endgültigen Zustimmung des Kunden. Die Stoffexperten werden Muster sammeln, die für die Skizze geeignet sind, die Stickerinnen bereiten ein kleines Stickmuster vor, die Spezialisten für Schaufensterpuppen-Design (ja, Sie haben richtig gelesen) fertigen eine Puppe nach den Exakten Maßen an, die dann ebenfalls für immer ihren Platz im Atelier hat. So beginnt die Entstehung der Haute Couture, deren Herstellung, wenn es sich um Abendkleider handelt, bis zu drei Monate und länger dauern kann, und wenn es sich um Brautkleider handelt, sogar bis zu sechs Monate in Anspruch nimmt. Der gesamte Prozess wird von mindestens drei Anproben begleitet – Perfektion ist der Anspruch! Damit nimmt dieser Zweig der Mode einen wichtigen Platz ein: Es ist ein kreativer Spielplatz für Designer, ein Fest für Luxus und Glamour, eine Zurschaustellung der höchsten Handwerkskunst und Kundinnen jede Saison aufs Neue, ein wahrgewordener Traum.