Dior Cruise Collection 2022: Athletische Schneiderkunst
Feuerkelche entlang der Mitte des ovalen Stadions dienten als einzige Lichtquelle bevor die griechisch-amerikanische Sängerin Ioanna Gika die Treppen hinab schritt, um schließlich vor einem Live-Streichorchester die Show zu eröffnen.
Die Dior Cruise Collection 2022 lud das Publikum, in kleiner Anzahl live und in Maßen vor den Bildschirmen, in die Hauptstadt Griechenlands ein. Daher ist es wohl kaum überraschend, dass sich ein starker Einfluss des Landes und seiner Geschichte wie ein roter Faden durch die Kollektion zieht. Schließlich handelt es sich hier nicht nur um den Geburtsort der Antike, sondern auch um das 330 v. Chr. gebaute Stadion, welches Austragungsort der Panathenäischen Spiele war, dem bedeutendste Ereignis des antiken Athens.
In 91 Looks verband Diors Chefdesignerin Maria Grazia Chiuri Athletik und Couture miteinander, indem die typischen Codes des Hauses auf sportliche Silhouetten, asymmetrische Schnitte und eine traditionell griechische Farbpalette in Weiß, Blau und Gold treffen. Während der Großteil der Kollektion hell gehalten ist, sind es die Accessoires in Form von Weekender und robusten Stiefel, die Kontrast mit Akzenten in Schwarz bieten.
In Bewegung zu bleiben war das große Thema der vergangenen Monate. In Zeiten, wo es Freiheit nur im eigenen Heim oder der umliegenden Natur gab, drehten dort alle ihre Runden. So auch die Models in der Show. Kein Wunder, dass der Athleisure Look seinen Weg zu Dior fand. Kleider aus simplen, einfarbigen Materialien sind mit Zippertaschen versehen, und Tunnelzüge an der Taille sorgen für eine leichte, feminine Silhouette. Starke Prints in strahlendem Blau und purem Weiß treffen auf Zitronengelb und Flaschengrün in den sportlichen Ensembles bestehend aus Jogginghosen, Leggings, Hoodies und Sneaker. Besonderer Hingucker sind die weißen Socken, deren Spruchband oberhalb der Schuhe herausblitzt.
Natürlich finden sich auch die Teile in der 2022 Cruise Kollektion, für die man Maria Grazia Chiuris Dior kennt. Ein elegantes Kostüm in Navy Blau, A-Linien Röcke in anthrazit oder weiß-grauen Korallenprint, und ein weißer Anzug ganz im Stil Marlene Dietrichs stehen für das Können des französischen Ateliers. Die Schneiderkunst ist jedoch nicht die einzige Hommage an den Gründer der Maison.
Christian Dior selbst liebte es zu reisen und war stets bemüht seine Kreationen außerhalb Frankreichs zu zeigen. Erstmals 1951 verschlug es Models und Mitarbeiter Diors nach Athen, wo die bis heute berühmten Fotos auf der Akropolis in Dior Haute Couture Roben entstanden. Dass das Panathinaiko-Stadion perfekten Ausblick auf die Akropolis bietet kann daher kein Zufall sein.
Ein Neuzugang in Diors reichem textilen Katalog sind mit silbernen Nieten versehene Geschirre aus schwarzem Leder, die über simplen weißen Hemden wie auch stark gemusterten Kleidern getragen werden. Das aufsehenerregende Accessoire kann – im Gegensatz zu overten Messages wie “We Should All Be Feminists” – als subtiles Symbol des Female Empowerments gedeutet werden. Ein Thema, welches die Designerin seit Jahren inkorporiert. Ein stilistischer Ausreißer für die französische Maison, jedoch ein heißer Kandidat für einen Influencer-Trend auf Social Media.
Während die komplette Kollektion als eine Ode an Griechenland verstanden werden kann, sind es besonders die letzten Looks – schillernde Plisseeroben im hellenistischen Stil des Peplos-Kleids, teilweise über hautengen, perlenbesetzten Longsleeves – die gekonnt das Land der Antike und Mythologie mit dem Handwerk Diors vereinen.
Am Ende präsentierten die Models gemeinsam, nah beieinander, begleitet von opulentem Live-Gesang und spektakulären Feuerwerken das Finale. Maria Grazia Chiuri, ganz in Weiß und ohne Maske, nahm den Dank des applaudierenden Publikums entgegen. Genau in diesem Moment hatte man Hoffnung, dass Fashion Shows endlich wieder zurück zu sein scheinen.