Welchen Einfluss hat unsere soziale Herkunft auf die Karriere?
Die soziale Herkunft spielt eine wesentliche Rolle in unserem Berufsleben. Soziologische Untersuchungen haben immer wieder aufgezeigt, dass der familiäre Hintergrund, das Bildungsniveau der Eltern und das ökonomische, kulturelle und soziale Kapital einen signifikanten Einfluss auf die Karrieremöglichkeiten und -verläufe haben.
Immer wieder hört man die Erfolgsgeschichten von Menschen, die in einfachen Verhältnissen aufgewachsen sind und trotzdem immens erfolgreich wurden. Eines dieser Beispiele ist Arnold Schwarzenegger: Vom durchschnittlichen Steirer zum Mr. Universe, Hollywood-Schauspieler und Gouverneur von Kalifornien. Er setzte sich in den Kopf, erfolgreich zu werden und schaffte es!
Doch kann das jeder schaffen? Und wenn ja, wie?
In Österreich hat jede Person das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zu beruflichen Ausbildungen und Weiterbildungen. Eine Publikation der Statistik Austria zeigt, dass mehr als jedes zweite Kind von Eltern mit Hochschulabschluss selbst ein Studium absolviert. Bei Kindern von Eltern ohne Hochschulabschluss nur jedes Fünfte. 8 von 10 Kindern, deren Eltern die Matura haben, absolvieren selbst keinen höheren Abschluss.
Bei Kindern von Akademiker-Eltern machen nur 4 von 10 maximal die Matura, die anderen bilden sich noch weiter. 36 % der Kinder von Eltern, die nur einen Pflichtschulabschluss haben, absolvieren ebenso höchstens den Pflichtschulabschluss.
Dabei sind die Chancen am Arbeitsmarkt mit dem Abschluss einer Lehre oder einem Abschluss einer weiterführenden Schule viel höher. Es sinkt das Risiko, die Arbeit zu verlieren und das Einstiegsgehalt ist durchschnittlich doppelt so hoch. Das Bruttomedianeinkommen liegt 18 Monate nach dem Pflichtschulabschluss bei rund € 922 im Monat.
Interessant ist auch, dass mehr junge Menschen (wenn sie nach dem Pflichtschulabschluss weiterlernen möchten) lieber ein Studium beginnen als eine Berufsausbildung. Das hat zur Folge, dass der Fachkräftemangel weiter wächst. Der Irrglaube ist nach wie vor in unserer Gesellschaft zu tief verankert, dass ein Studium zu mehr Erfolg führt. Handwerks- und Ausbildungsberufe verdienen viel mehr Anerkennung. Denn auch Menschen in diesen Berufen sind erfolgreich.
Soziale Bildung beginnt bereits im Kindesalter
Die Autorin Julie Lythcott-Haims (ehemalige Dekanin für Studienanfänger:innen an der Stanford University) bezieht sich in ihrem Buch „How to Raise an Adult“ („Wie man Erwachsene großzieht“) auf die Langzeitstudie „Harvard Grant Study“. Darin wurde nachgewiesen, dass Kinder, die früh lernen, Aufgaben zu übernehmen, später bessere Kolleg:innen sind, selbstständiger arbeiten können und empathischer auf andere reagieren. Solche Aufgaben sind beispielsweise das Helfen im Haushalt. Kinder sollen verstehen, dass diese Arbeiten nicht von Geisterhand erledigt werden.
Diskriminierungen im Bewerbungsverfahren
Aus einer Umfrage der beiden Jobplattformen Karriere.at und Hokify.at geht hervor, dass rund ein Drittel der Jobsuchenden bereits einmal von Diskriminierung im Bewerbungsprozess betroffen war. Das Gleichbehandlungsgesetz verbietet eigentlich die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, des Familienstands, des Alters, der Weltanschauung und der sexuellen Orientierung. Fragen zu diesen Themen sind deshalb im Bewerbungsgespräch tabu.
Doch oft beginnt bereits bei der Aussortierung der Bewerbungsunterlagen die Diskriminierung und die Kandidat:innen bekommen keine Gelegenheit, sich im Vorstellungsgespräch zu beweisen. Die Gründe sind dabei vielfältig: Ein zu hohes Alter, eine Frau im gebärfähigen Alter, das Kopftuch am Bewerbungsfoto - Vorurteile und Ängste, die hier keinen Platz haben sollten.
Der Karriere-Rucksack entscheidet über Erfolg
Am Beginn einer Karriere hängt sich jeder Mensch seinen Rucksack um, den er im Laufe des Lebens mit Ausstattungen füllt. Man spricht auch von Karrierekapital. Hier ist nicht nur ökonomisches Kapital wie Geld gemeint, sondern auch kulturelles und soziales Kapital. Dazu zählen Wissen, Fähigkeiten, Kompetenzen, Kontakte in die richtigen Netzwerke, Ausbildungen, Interessen - alles, was sich über die Jahre ansammelt.
Doch es hängt vom Umfeld ab, wann und wie diese Kapitalien eingesetzt werden können. Menschen, die aus ihrem Heimatland fliehen müssen, kämpfen häufig damit, dass ihre erworbenen Bildungsabschlüsse im Fluchtland nicht anerkannt werden. Frauen, deren Arbeit in stereotypischen Frauenberufen sehr geschätzt wird, stoßen in Führungspositionen derselben Branche oft an ihre Grenzen, da diese Ebene in vielen Fällen maskulin getrieben ist.
Das Habitus-Konzept
Entwickelt wurde das Habitus-Konzept vom französischen Soziologen Pierre Bourdieu. Es beschreibt die Grundhaltung eines Menschen zur Welt und zu sich selbst. Oft unbewusste Denk-, Bewertungs- und Verhaltensstrukturen werden durch die soziale Umgebung geprägt (vor allem in der frühen Lebensphase).
Es ist das Resultat aus Erfahrungen und Praktiken. Diese werden in der Kindheit von den Menschen aus der jeweiligen sozialen Umgebung übernommen, verinnerlicht und bleiben relativ stabil. Damit wird unter anderem festgelegt, was ein Mensch sich zutraut, welche Wahrnehmung er besitzt oder welches Verhalten für ihn selbstverständlich ist.
Schon in der frühen Kindheit wird also das Verhalten und Erleben geprägt, Kapital zu erwerben und erfolgreich zu sein. Menschen mit ähnlichem Habitus nehmen in der Regel ähnliche Positionen ein und haben ähnliche Ressourcen und Möglichkeiten, unabhängig von der Intelligenz oder angeborenen Begabungen. Durch den Habitus können damit auch unbewusste Glaubenssätze übernommen werden.
Doch ist es möglich, sich von seinem Habitat zu lösen und auszubrechen?
Es gibt die Möglichkeit, den Habitus zu erkennen, ihn zu analysieren und sich davon zu differenzieren. Das geschieht vor allem, wenn Habitus und Realität weit auseinanderklaffen und der Wille davon gestärkt ist. Es ist ein Prozess, der viel Kraft kostet und Durchhaltevermögen erfordert. Löst man sich von tief verankerten Glaubenssätzen, betrachtet man die Situation aus einem anderen Blickwinkel und geht damit den ersten Schritt.
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