Michaela Pichler: „Nach dem Stillstand folgt der Aufschwung“
Internationales Flair: Wem beim Namen „factory“ die Stadt New York in den Sinn kommt, liegt zwar geographisch weit daneben, hat die kreative Atmosphäre, die man versteckt in einer Seitengasse im sechsten Wiener Bezirk finden kann, aber schon im Kern erfasst. In einem Hinterhof unweit des Wiener Naschmarkts gelegen, warten weiße Wände, Betonböden, Eisensäulen und ein Glasdach aus Zeiten der Industrialisierung. Vor allem letzteres macht die einzigartige Location, die vor rund zehn Jahren aufwändig revitalisiert wurde, zu einem idealen Studio für Shootings. Durch eine Treppe gelangt man in ein klassisches 100 m2 Loft, welches dem Ort weitere Nutzungsmöglichkeiten bietet: Betreiberin Michaela Pichler, inspiriert von ihrer Wahlheimat New York: "An open space for open people. Wir stellen diese Location allen open- minded people für verschiedenste Zwecke zur Verfügung. Neben Foto- und Filmset sind Präsentationen, Pressekonferenzen, Ausstellungen, Autoshootings, Castings, Meetings, uvm. ideale Anlässe, um sich in die factory einzubuchen". Die aktuelle Gesundheitslage hat diese Nutzung für Wochen stillgelegt. Trotzdem blickt man hoffnungsfroh in die Zukunft, wie die Frau hinter dem Projekt, Michaela Pichler, erklärt.
Nach Wochen des Stillstandes herrscht wieder (wenn auch eingeschränkter) Betrieb in Ihrem Studio – auf welche neuen Umstände musste man sich einstellen?
Ja, tatsächlich hat es gleich nach den Lockerungsmaßnahmen wieder bei uns begonnen loszugehen vorerst mit noch mit kleinen Shootings - darunter auch kleine österreichische Labels oder Wiener Shops, was uns sehr freut. Natürlich mussten auch wir uns an die neuen Gegebenheiten anpassen. Sowohl vor, während als auch nach den Shootings werden unsere Räumlichkeiten zusätzlich intensiv gereinigt und desinfiziert. Wir stellen all unseren Kunden Mund-Nasenschutzmasken sowie Hand- und Flächendesinfektion zur Verfügung. Durch die Größe unseres Studios und mehrerer Nebenräume sowie ein seperates Loft können wir auch jederzeit die geforderten Mindestabstände gewährleisten. Außerdem haben wir mit dem Innenhof einen großzügigen Freibereich, der Lockerung im Abstand bringt, und für Lockerheit in den Pausen sorgt. Im Vorfeld der Shootings besprechen wir mit unseren Kunden auch die Teamgrößen und planen diese gemeinsam den Vorgaben entsprechend. Wir können heute schon mit Stolz sagen, dass all unsere Kunden die Sicherheitsmaßnahmen vollumfänglich mittragen und unsere Hygienemaßnahmen überdies sehr schätzen.
Wie ist ihre wirtschaftliche Einschätzung – kann die durch den Lockdown bedingte Schaffenspause noch eingeholt werden?
Jeder Tag, der hinter uns liegt, ist Geschichte. Wir blicken aber positiv nach vorne. Am liebsten durch unser Daylight-Glasdach direkt in den Himmel! Wir glauben fest daran, dass sich das kreative Treiben in den nächsten Wochen und Monaten erholen wird, und im Laufe des Jahres wieder seine frühere Stärke erlangt. Ob die Ausfälle wieder gänzlich aufgeholt werden können ist natürlich fraglich. Wie hoch die wirtschaftlichen Einbußen sind, hängt in erster Linie von der Dauer der Einschränkungen ab. Die Kreativszene ist ja in erheblichem Ausmaß von Wirtschaftsunternehmen abhängig. Aber wir denken und fühlen positiv, und so handeln wir auch. Das macht meiner Meinung nach auch die Stärke der Kreativbranche aus. Genau diesen Tatendrang spüren wir auch ganz stark in Österreichs Kreativszene. Wir sind jedenfalls sicher, dass die Fotoindustrie auch in diesen Zeiten kreative Ideen entwickelt. Mittelfristig denken wir auch optimistisch und hoffen auf keine allzu gravierenden wirtschaftlichen Einbußen in der Kreativ- und Eventszene.
Welche Langzeitfolgen haben diese Maßnahmen aus Ihrer Sicht auf die Kreativbranche des Landes?
Die Kreativ-und Werbebranche wird sich hoffentlich bald von dieser Situation erholen. Weil immer nach einem Stillstand eine Offensive folgt. Für unser Unternehmen steht Kundenservice an oberster Stelle. Wir konnten uns durch die Flexibilität unseres Studios und unseres Teams mit einem großen und kompetenten Netzwerk an Kreativen in den letzten Jahren verstärkt einen Namen in der Individualnutzung machen. So wird unsere Location beim Naschmarkt mittlerweile nicht nur für Shootings, sondern auch für Pressekonferenzen, Events, Kreativmeetings, Produktpräsentationen, Vernissagen und sogar Weinverkostungen genutzt. Immer wenn es um eine coole urbane Location mitten in der Stadt geht ist die f6 ein Thema.
Dieses Jahr wäre ja durchaus ein Anlass zur Freude gewesen – werden Sie das zehnjährige Jubiläum trotzdem feiern?
Natürlich werden wir unser 10-jähriges Jubiläum feiern. In welcher Form werden die nächsten Wochen zeigen, je nachdem welche Möglichkeiten uns zur Verfügung stehen. Vielleicht auch nur mit einem Erinnerungspost auf Facebook oder einer Story auf Instagram.
Können Sie uns Ihre persönlichen Highlights der letzten Dekade verraten?
Jedes Projekt war und ist für sich ein Highlight. Weil jedes Shooting, jedes Event, jede Präsentation durch die Individualität und Wandelbarkeit unserer Location komplett eigenständig ist. Es fasziniert und begeistert uns, dass wir mit den unterschiedlichsten Persönlichkeiten zu tun haben, denen die Ideen nie ausgehen. Highlights für mich persönlich waren mit Niki Lauda einen Tag in der f6 zu verbringen. oder einer singenden Anna Netrebko beim Styling zuhören zu dürfen. Und auf Rapper CRO durfte ich eine Millisekunde einen Blick ohne Maske erhaschen. Die Highlights der letzten 10 Jahre sind endlos…wir hatten viele tolle Fotografen, Unternehmen und Brands zu Gast, außergewöhnliche Persönlichkeiten, wunderschöne Models, crazy Künstler & Schauspieler, laute Bands und viele, viele mehr. Mir liegt besonders am Herzen eine feel-good Atmosphäre zu schaffen, und neben der Einzigartigkeit, Modernität und Coolness unserer Location im Herzen Wiens vor allem die Kunden perfekt zu servicieren. Nachdem viele immer wieder gerne kommen, scheint uns das zu Gelingen.
Die Branche hat sich in dieser Zeit stark verändert – wie macht sich das bei der Nutzung der Location bemerkbar?
Unsere Idee vor zehn Jahren war im Sinne Andy Warhol’s New Yorker Factory einen Wiener Treffpunkt und Melting Pot für Kreative zu schaffen. Offiziell heißen wir ja „f6 – The open factory“ und erst die Liebe zu Kürzeln hat daraus f6 entstehen lassen. Begonnen hat alles mit Shootings, weil Tageslicht unser Studio durchflutet und die alten Eisentraversen extrem spannende Schattenwürfe erzeugen. Dann folgten schnell die ersten Fashionpräsentationen, PR-Events, Ausstellungen, pop ups und alles, was eine sehr coole Location ausmacht. Der Geist der Gründungsidee ist aber noch immer stark zu spüren, und das ist wahrscheinlich auch das Geheimnis, warum sich Kunden, Kreative und Akteure so wohl fühlen bei uns. Mittlerweile sind wir auch eine beliebte Film- und Werbespotlocation, Interviewraum, Ausstellungsbühne und so mancher Speaker freut sich über eine „etwas andere“ Incentivelocation. Influencer haben uns natürlich auch längst entdeckt, die Instacrowd findet immer wieder coole Settings in den unterschiedlichen Räumlichkeiten.
Welche weiteren Pläne haben Sie für die Zukunft?
Neben der Vermietung des f6 ist die Weiterentwicklung unseres Studios wichtig. Mit unserer Full-Service-Fotoproduktion setzen wir seit einigen Jahren komplette Fotoproduktionen um inkl. des gesamten Produktionsmanagements wie Casting, Locationscouting, Auswahl der Fotografen, Buchung des Teams, Genehmigungen, Setbetreuung und alles was zu einem Werbeshooting dazugehört, sogar Heissluftballon fliegen wenn der Kunde es wünscht. Unser großer Backstagebereich wird zusätzlich zum Tageslicht Studio gerne für Fittings, Caterings, Interviews und natürlich ppms genutzt. Seit 2019 haben wir sowohl eine renommierte Model-Agentur als auch eine Stylistin für Werbefilme als Partner in unserem Kreativ-Hub f6 on board. Dies ermöglicht uns, noch besser schnellstens auf Kundenwünsche eingehen und entsprechende Synergien nutzen zu können.