Andy Warhols queere Identität
Andy Warhol hat mit seiner Persönlichkeit und seiner Kunst eine ganze Ära geprägt. Mit der Aufhebung der Grenze zwischen Kunst und Kommerz hat er unsere Wahrnehmung für immer verändert. Mehr als 30 Jahre ist der Künstler nun tot, doch noch immer übt seine Kunst eine besondere Anziehungskraft aus. Wer war Andy Warhol wirklich? Und was macht die bis heute anhaltende Faszination für sein Werk aus? Das erklärt die große Retrospektive “Andy Warhol Now” im Museum Ludwig in Köln, sowie die monumentale neue Biografie “Warhol - Ein Leben als Kunst” des amerikanischen Kunstkritikers Blake Gopnik.
Zwei bisher wenig beleuchtete Facetten des Jahrhundertkünstlers Warhol werden dabei besonders hervorgehoben: Zum einen die zentrale Bedeutung von Warhols Homosexualität für sein Leben und Schaffen, zum anderen sein Migrationshintergrund als Sohn russinischer Eltern. Warhol wurde lange Zeit als asexuell wahrgenommen, doch damit räumt Gopniks Biografie nun auf. Mit einer Fülle von neuen Quellen und Interviews mit Zeitzeugen beleuchtet das 1.200 Seiten starke Werk das Umfeld, in dem der Künstler sich bewegte, seine enge Beziehung zur Mutter und seine queere Identität.
Warhol, eigentlich Andrew Warhola, wird 1928 in der Industriestadt Pittsburgh, Pennsylvania, als dritter Sohn russinischer Einwanderer aus den Karpaten geboren. Er wächst in einer Zeit auf, in der Homosexualität in den USA illegal war und mit hohen Sanktionen bestraft wurde. Doch Warhol nutzt sein Anderssein auch als Quelle künstlerischer Energie. Ab 1949 lebt er in New York, wo er zunächst äußerst erfolgreich als Werbegrafiker und Illustrator arbeitet. Neben Auftragsarbeiten besteht sein künstlerisches Frühwerk aus oft persönlichen, homoerotische Zeichnungen. In einer Künstlerkommune kann er endlich seine Homosexualität ausleben und wird mit seinen unverkennbaren Siebdruckbildern, Celebrity-Porträts und knallbunten Bildern von Konsumartikeln zur Ikone der neuen Pop Art Bewegung. Es sind Bilder, die bis heute jeder kennt.
Die Ausstellung im Museum Ludwig in Köln zeigt den Künstler nun aber auch als Vertreter einer offenen und vielfältigen Gesellschaft. So zum Beispiel in der Serie “Ladies and Gentlemen”, die Warhol 1975 produzierte. Die Gemälde zeigen anonyme Dragqueens in lasziven Posen und greifen die New Yorker Travestiebewegung Mitte der 1970er Jahre auf. In seinen Arbeiten postulierte er Diversität als grundlegenden und existenziellen Faktor einer jeden Gesellschaft, ein Thema, das gerade heute große Aktualität hat.
“Andy Warhol Now” läuft bis zum 18. April 2021 im Museum Ludwig, Köln. Die App “Warhol und Freunde” bietet eine eine interaktive Tour durch die Ausstellung.