Er verkörpert eine moderne Form der Männlichkeit: Auf seinem neuen Album spricht der amerikanische Sänger Lauv ganz offen über Mental Health-Probleme, Einsamkeit, Selbstliebe und darüber, sich sein inneres Kind zu bewahren. Thomas Clausen hat exklusiv mit ihm für L'Officiel Austria gesprochen. 

&bdquo;Modern Loneliness&ldquo; steht in schlichten, fast zerbrechlich wirkenden Buchstaben als Tattoo auf seinem Arm. Zwei simple Worte, mit denen sich auch der kreative Antrieb von Ari Staprans Leff aka Lauv zusammenfassen lie&szlig;e. Sp&auml;testens seit der Ver&ouml;ffentlichung seines Deb&uuml;talbums &bdquo;How I`m Feeling&ldquo; vor zwei Jahren wird der S&auml;nger, Songwriter, Producer und Multiinstrumentalist global als neue Pop-Hoffnung gefeiert, der auf seinen bittersweeten Ohrw&uuml;rmern eine v&ouml;llig neue Maskulinit&auml;t transportiert: Nontoxisch, gef&uuml;hlvoll, verletzlich.

Mit seiner Musik erschafft Lauv einen akustischen Safe Space f&uuml;r sich und seine durchschnittlich 18 Millionen monatliche Spotify-H&ouml;rer:innen der Gen Z, die sich in seinen bisher &uuml;ber elf Milliarden mal gestreamten Songs wiederfinden. Lauv erz&auml;hlt von Heartbreak und vom Verlassensein, von Unsicherheiten und Au&szlig;enseitertum. Und immer wieder auch von psychischen Problemen; ein Thema, f&uuml;r das er sich auch privat mit seiner Unterst&uuml;tzung diverser Organisationen im Kampf gegen Mental Health-Issues einsetzt. Zeitnah zu seinem 28. Geburtstag erscheint nun mit &bdquo;All 4 Nothing&ldquo; ein neues Album des Kaliforniers.

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Ihr Album tr&auml;gt den Titel &bdquo;All 4 Nothing&ldquo;. Keine sehr optimistische Sichtweise!

Auf den ersten Blick sicher nicht. Auf der Platte geht es darum, wieder an meine Wurzeln und an meine Kindheit anzukn&uuml;pfen. Als Kind hat man dieses besondere Selbstbewusstsein, das immer mehr verloren geht, je &auml;lter man wird. Einerseits hatte ich so viele sch&ouml;ne Dinge um mich herum, war erfolgreich und h&auml;tte mich eigentlich nicht beklagen k&ouml;nnen. Trotzdem ging es mir nicht gut, weil ich mich zu sehr von mir selbst entfernt hatte und nicht mehr mit mir im Reinen war. Alles, was ich erreicht hatte, war doch irgendwie wertlos.

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Wie haben Sie zu sich selbst zur&uuml;ckgefunden?

Durch Meditation und dadurch, mich ein paar wirklich harten Wahrheiten zu stellen. Es hat eine ganze Zeit gedauert, wieder eine gewisse Erdung zu bekommen und zu dem zur&uuml;ckzufinden, was mich als Individuum ausmacht. Zu Anfang habe ich die Songs nur f&uuml;r mich geschrieben. Je erfolgreicher ich wurde, desto mehr zerbrach ich mir den Kopf dar&uuml;ber, was andere Menschen wohl von mir denken, was ich da mache und wer ich &uuml;berhaupt bin. Mein Hirn kochte &uuml;ber mit diesen Fragen. Ich habe mich buchst&auml;blich zerrissen; mit diesem Album setze ich mich wieder neu zusammen.

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Klingt nach einem Selbstfindungsprozess, der mit ein paar schmerzhaften Erkenntnissen verbunden war!

Die schmerzhafteste Selbsterkenntnis hatte ich in dem Moment, als ich &bdquo;Bad Trip&ldquo; schrieb. Die Inspiration zu diesem Song basiert auf einer ziemlich harten Drogen-Erfahrung, die mir einige wirklich unangenehme Dinge vor Augen gef&uuml;hrt hat. Ich wollte nur mal ausprobieren, wie es sich anf&uuml;hlt. Einerseits war es sch&ouml;n, mich in diesem Zustand fallenzulassen. In anderen Momenten bin ich fast durchgedreht und habe mich v&ouml;llig abgeschnitten und alleine gef&uuml;hlt. Im Grunde kann man dieses gespaltene Gef&uuml;hl mit dem Auf und Ab einer Beziehung vergleichen: Manchmal harmoniert man perfekt und hat eine unfassbar erf&uuml;llende Zeit zusammen, an anderen Tagen ist man sich so fremd und scheinbar Welten voneinander entfernt.

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Ein Kontrast, der sich auch in Ihrem Soundmix aus oftmals bitteren Texten und verst&ouml;rend fr&ouml;hlichen Melodien spiegelt.

Ich bin ein zerrissener Mensch und finde Eindimensionalit&auml;t langweilig. Es reizt mich nicht, Musik zu machen, die entweder nur traurig oder nur happy ist. Das Leben ist nicht durchgehend sch&ouml;n oder schrecklich, sondern hat viele Facetten. Dieser Bruch findet sich seit jeher in meinen Songs. Die neuen St&uuml;cke haben etwas sehr Hoffnungsvolles und sind mein Versuch, mich aus meinem schwarzen Loch zu befreien.

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"Tief in meinem Inneren bin ich Romantiker. Ich finde nur nicht immer die richtigen Wege ihn rauszulassen."  - Lauv

Lauv Interview

Mit seinem Hit &quot;I Like Me Better&quot; ist Lauv 2017 ein Mega-Hit gelungen. &Uuml;ber eine halbe Milliarde Mal wurden seine YouTube-Videos dazu angeklickt.

Zumindest auf der aktuellen Single &bdquo;Kids Are Born Stars&ldquo; zeigen Sie Ihre etwas unbeschwertere Seite...

Ich m&ouml;chte alle Facetten meines Schaffens abbilden. Je nach Gef&uuml;hlslage, die sich ja auch st&auml;ndig &auml;ndert. Ich mag es, wenn ein Song stilistisch genau in die entgegengesetzte Richtung zu seinem Vorg&auml;nger geht. Der Track pendelt ein wenig zwischen Happiness und Sarkasmus. Wie ein Zwiegespr&auml;ch mit dem Jungen von damals, dem ich sage, dass er alles schaffen kann und ihm Mut f&uuml;r die Zukunft mache.

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Ein hoffnungsvoller Twist, der sich auch durch das nachdenkliche &bdquo;Hey Ari&ldquo; zieht, auf dem Sie sich selbst einen ber&uuml;hrenden Brief geschrieben haben.&bdquo;Hey Ari&ldquo; entstand aus der Frustration, immer wieder die gleichen dunklen Gedanken zu durchleben und nicht aus dieser Schleife ausbrechen zu k&ouml;nnen. Ich habe mich immer wieder dem gleichen kranken Mist ausgesetzt, nur um mich f&uuml;r kurze Zeit gut zu f&uuml;hlen und danach wieder in ein Loch zu st&uuml;rzen. Ich habe mich und mein ganzes Tun infrage gestellt. Ich fragte mich, wovor ich eigentlich weglaufe und warum ich nicht einfach meine Gef&uuml;hle zulassen konnte. Als ich zum ersten Mal die fertige Version h&ouml;rte, bin ich v&ouml;llig zusammengebrochen. Ich sa&szlig; im Studio auf dem Fu&szlig;boden neben meiner Freundin und habe hemmungslos angefangen zu weinen.

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Sie fragen sich in dem Song, ob Sie tats&auml;chlich gl&uuml;cklich sind &ndash; und geben auch gleich die Antwort: Yes, for sure. Ein ganz neues Lebensgef&uuml;hl?

Kann man so sagen. Und es war gar nicht so leicht, sich daran zu gew&ouml;hnen. Im Moment lebe ich in einer gl&uuml;cklichen und stabilen Beziehung mit einer gro&szlig;artigen Frau an meiner Seite. In dem Song k&ouml;nnte man es auch auf eine leicht sarkastische Art deuten. Aber es ist schon irgendwie seltsam. Ich muss heute nicht mehr traurig sein, um mich gut und geborgen zu f&uuml;hlen. Ich habe gemerkt, dass es zu nichts f&uuml;hrt, mich immer und immer wieder selbst zu zerfleischen.

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Auf dem Albumcover sind Sie im Meer treibend zu sehen. Ein Motiv zwischen Ertrinken, dem Gef&uuml;hl des Verlorenseins und tiefem Frieden.

Ich k&auml;mpfe immer noch mit diesem Gef&uuml;hl, irgendwie verloren zu sein. Anderseits mag ich es, mich diesem Verlorensein hinzugeben. Es hat etwas sehr Tr&ouml;stliches. Vielleicht r&uuml;hrt das von den vielen Umz&uuml;gen w&auml;hrend meiner Jugend her. R&uuml;ckblickend kommt es mir so vor, als h&auml;tte es in meinem Leben bisher nur sehr wenige Konstanten gegeben. Nichts war wirklich von Dauer. Das hat mich sicher gepr&auml;gt. Ich suche immer nach Wegen, diese innere Leere zu f&uuml;llen, obwohl ich es eigentlich nicht will.

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"Um ehrlich zu sein: L.A. bringt das Schlechteste in einem zum Vorschein." - Lauv

Der Umgang mit psychischen Problemen war schon immer ein wichtiges Thema in Ihren Songs...

Schon als Kind habe ich diese mentalen Krankheiten in meinem Umfeld wahrgenommen. Besondere Bedeutung bekam das Thema, als ich sp&auml;ter selbst davon betroffen war. Ich habe an mir verschiedene Gef&uuml;hlsmuster bemerkt und recherchiert, dass es sich um Panikst&ouml;rungen, Angstzust&auml;nde und Depressionen handelte. Als ich meinen pers&ouml;nlichen Tiefpunkt erreicht hatte, entschied ich mich, offen dar&uuml;ber zu sprechen. Ich erinnere mich genau an den Tag, an dem ich zum ersten Mal ein Posting dar&uuml;ber verfasst habe: Ich schrieb diese unendlich lange Message auf dem Handy und war wahnsinnig nerv&ouml;s, als ich sie schlie&szlig;lich postete. Das Feedback hat mich wirklich umgehauen. Ich bekam eine Flut von Nachrichten von Leuten, denen es &auml;hnlich ging. Bis dahin dachte ich, ich w&auml;re der einzige Mensch auf der Welt, der so f&uuml;hlt. Dieser Realit&auml;tscheck war irgendwie furchteinfl&ouml;ssend, aber auch tr&ouml;stend.

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Momenten leben Sie in Los Angeles; einem Ort, der nicht gerade f&uuml;r seine Inklusivit&auml;t und Offenheit ber&uuml;hmt ist. Wie geht es Ihnen dort?

Um ehrlich zu sein: L.A. bringt das Schlechteste in einem zum Vorschein. Besonders, wenn man den Sprung ins Entertainment-Gesch&auml;ft schaffen m&ouml;chte. Diese Stadt frisst einen mit Haut und Haaren. Als ich her zog, habe ich fast zwei Jahre gebraucht, um mir einen Freundeskreis aufzubauen. Man vergisst dort fast, was echte Freundschaft bedeutet. Mittlerweile f&uuml;hle ich mich Dank meiner Freundin und meinen Hunden etwas wohler.

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Wie man auch dem letzten Albumtrack, der Ballade &bdquo;First Grade&ldquo; anh&ouml;ren kann. Klingt fast schon ein wenig romantisch!

Tief in mir steckt ein Romantiker. Ich finde blo&szlig; nicht immer die richtigen Wege, das auch auszudr&uuml;cken. Es &auml;u&szlig;ert sich dann in teilweise sehr seltsamen und schr&auml;gen Formen. Wobei ich auch das klassische Programm sehr gut drauf habe: Jede Menge Blumen, Luftballons, Rosenbl&auml;tter im Badewasser, spontane Ausfl&uuml;ge und nat&uuml;rlich romantische Abendessen zu zweit. Das Tragische ist: Jedesmal, wenn ich mir genaue Pl&auml;ne f&uuml;r einen romantischen Tag oder etwas Besonderes mache, verkacke ich es total. Irgendwas geht immer schief ...

Die neue Männlichkeit: Interview mit amerikanischer Pop-Sensation Lauv

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