Cruella de Vil: "Eine Kontroverse im Pelzmantel" oder "Wie Mode einen Film macht"

Regisseur Craig Gillespie, die britische Kostümdesignerin Jenny Beavan und Produktionsdesignerin Fiona Crombie arbeiteten zusammen, um jedes Detail für diesen jungen Cruella-Film zu perfektionieren. Mode ist nicht nur Arbeit, sondern auch Lifestyle. "Wir sind in einer Welt der Mode", erzählt er über den Film. Dabei begegnen wir Emma Stone als junges Mädchen mit einem Traum sein eigenes Leben zu gestalten. 

Für Costume Designerin Jenny Beavan bedeutete dies einen glamouröseren und begehrenswerteren Modestil zu kreieren, der die vorherigen Filmversionen (mit Glenn Close) in den Schatten stellen musste. Mit 47 Outfits für Cruella und 33 Outfits für die Baroness (Cruellas Feindin) ist ihr damit eine Monsteraufgabe gelungen. Für Beavan, die bereits zwei Oscars für "Bestes Kostümdesign" sprichwörtlich in der Tasche hat, war es trotzdem das größte Projekt bisher.

Glücklicherweise kennt Beaven, nachdem sie ihre Teenagerjahre im London der 1970er Jahre verbracht hat, den Stil des Jahrzehnts sehr gut. Produktionsdesignerin Fiona Crombie: "Dieser Film zeigt viel von der Spitze der Mode, aber darüber hinaus braucht er auch eine bestimmte Kulisse, um sie einzubinden." Als Kulisse wählten sie London und die Ära der aufkeimenden Punkkultur. Und wer könnte da passender sein als Vivienne Westwoods einzigartiger Stil als Inspiration für Cruella.

Aus dieser imaginierten Welt taucht eine rebellische Cruella auf, die eine damaligen Modeikone nicht nur im Disney-Universum darstellt. Das historische Vorbild soll übrigens eine gewisses Society Girl namens Tallulah Bankhead gewesen sein, die von Marlene Dietrich als "die unmoralischste Frau der Welt" bezeichnet wurde. Gespielt von Emma Thompson, mit einer von Dior inspirierten Ästhetik wird Cruella herausgefordert: Und damit entsteht ein Konflikt von Größe und Stil zwischen den beiden Designern. Und das ist "der beste Teil des Films", verspricht Gillespie, denn Mode ist nicht nur eine künstlerische Ausdrucksform, sondern auch die "Kampfwaffe" zweier Frauen, die dieser Film wie keiner anderer verkörpern soll. Wir denken an "epische" Society-Rivalitäten ähnlich wie Helena Rubinstein vs. Elizabeth Arden.

In der Anfangsphase der Mission durchkämmte Beaven Vintage-Boutiquen in London, New York und sogar in Los Angeles, um Tonnen von Gegenständen für Emma Stone für die ersten Wardrobe-Tests zu haben. Am Ende, obwohl sie nicht viel davon benutzte, half der Prozess, die endgültigen Kostüme für Cruellas Film zu inspirieren und der Schauspielerin ein größeres Gefühl für Stil zu verleihen.

In dem Film nimmt Cruella das ikonische Kleid der Baroness und verwandelt es in ein völlig anderes Kleid mit kühnen Punk-Schnitten und symbolisiert damit den aktuellen Recycling-Trend, der beispielsweise bei Chloé gerade in der neuen Spring/Summer 2022 Kollektion zu finden ist. "Ich denke, Recycling wird Teil ihrer Modephilosophie", sagt Beaven über das Kleid, das vom "Tree Dress"-Design von Charles James inspiriert wurde. Ein ikonisches Kleid, das wie kein anderes feminines Selbstbewusstsein spiegelt.

Beavan hatte die Aufgabe, Mode der 1970er Jahre zu kreieren, die noch irgendwie für die Gegenwart relevant sein musste. Und dies drückt sie in einem rot-schwarze Kleid aus, das "Wahnsinn" aus jeder Pore versprüht und trotzdem mit Raffinesse glänzt. Dabei wurde der Rock für den Film so ausladend, dass er das Auto der Baroness in einer Szene bedeckt.

Darüber hinaus ist das Oberteil eine schwarze Jacke, die Beaven aufwendig an der Schulter befestigt hat eine Miniaturwelt mit dutzenden verschiedenen Statuen. "Ich glaube, es gab eine Zeit, in der ich 12 Leute am Tisch sitzen sah, die sorgfältig die Blütenblätter für dieses Kleid von Hand stickten", sagt Beavan über die zeitaufwändigste Arbeit in der Shepperton-Werkstatt in Großbritannien.

"Sie müssen bedenken, dass sie, obwohl sie böse ist, immer noch eine sehr, sehr talentierte Designerin ist", bemerkte Beavan der Baroness-Figur, die eine feine Vorliebe für einen markanten Stil hat. Ihre bevorzugten Paletten unterschieden sich erheblich; Während Rot Cruellas charakteristische Farbe ist, erscheinen ihre Feinde oft in überwiegend braunen, grünen und gelben Outfits.

Nichts ruiniert einen gewagten Einbruch mehr als ein langweiliges Outfit, also muss dieser Look so fesselnd und aufregend sein, wie Cruella die Party der Baroness gecrashed hat. Das Outfit, bestehend aus glitzernden Paillettenstrumpfhosen, die mit der schwarzen Jacke und dem Punk-Make-up ("The Future" steht ihr sprichwörtlich ins Gesicht geschrieben), fordert das Schicksal heraus. Die Metamorphose ist komplett.

Auf einer Party der Gegenspieler, der Baroness, fuhr Cruella mit ihrer Gang einen riesigen Muldenkipper und fängt an Lumpenhaufen wegzuwerfen, die wie Müll aussehen. In Wirklichkeit sind sie aber die langen Enden der Satinrobe der Baroness aus der Kollektion von 1967. Sie lächelte stolz und verschwindet wieder, die Hände an das Auto festgeklammert mit im Wind flatternden Röcken. 

Mit diesem Outfit ist Beavan eine Hommage an die 1996er Version von Cruella, gespielt von Glenn Close, aber es ist immer noch eine ganz andere Kreation des neuen Films. Während einer Modenacht, als die Spannungen zwischen Cruella und der Baronin zum Greifen sind, taucht Cruella auf und kreierte in einem dalmatinischen Kleid, was Fiona Crombie als "Fashion Bomb" bezeichnete: Das charakteristische Symbol von Cruella de Vil. Von hier aus können die Zuschauer die Quelle von Cruellas Besessenheit von dalmatinischen Pelzen vage erahnen. Aber wir können sicher sein, dass dies alles das Ergebnis des Druckprozesses auf dem Stoff ist und kein Tier während der Filmproduktion zu Schaden gekommen ist. Schließlich befinden wir uns im Jahr 2021.