Manfred Thierry Mugler: Das Leben als Visionär
Erst 2021 wunderte man sich, welche Strahlkraft ein einfacher "Sheer Bodysuit" von Mugler hatte. Miley Cyrus, Beyoncé, Dua Lipa and Bella Hadid trugen alle die gleiche Version - in einem Jahr! Etwas für das Pop-Biz eher ungewöhnliches, könnte man es dadurch schon als 'Schuluniform für Pop Stars' bezeichnen. Nicht zuletzt der Auftritt von Kim Kardashian in seinem "Wet-Dress" bei der MET-Gala 2018 zeigte, was Thierry Muglers Kreationen ausmachten.
Federleichte Strenge, verführerische Kurven - das ist die Mode, wie er sie gesehen hat. Wie aus einem Comic gesprungen, aber dafür mit einer Ernsthaftigkeit, die ihresgleichen suchte. Vor allem in der Ausführung seiner Modelle war Mugler unerbittlich perfektionistisch. Wie sich seine Trägerinnen darin bewegen konnten, war oft zweitrangig. Kim Kardashian musste nicht zuletzt auf der Toilette der MET-Gala Hilfe in Anspruch nehmen, um dem Latexkleid für einen kurzen Moment zu entkommen. Und selbst bei den Anproben hauchte sie: "Ich habe noch nie in meinem Leben solche Schmerzen erlebt." Willkommen in der Welt des Thierry Mugler.
Mugler schreckte auch nicht davor zurück, sich Hilfe für seine Kreationen zu suchen. Mit dem legendären Korsettmacher Mr. Pearl kreierte er lange Zeit Taillen, die nicht nur den Models die Luft nahmen. Ausgestellt wurden sie im vergangenen Jahr in der Ausstellung "Thierry Mugler: Courturissime" im Musée des Arts Décoratifs in Paris.
Mugler als reinen Trendsetter der 80er und 90er zu benennen, greift zu kurz: Die Mode richtete sich eher nach seinen Kollektionen, als umgekehrt.
Als er mit seiner Couture Frühlingskollektion 1997 ("Insect Woman") der Welt zeigte, was in ihm steckte, konnte man sich seiner Vision kaum entziehen. Mittendrin seine Lieblingsmodels, wie Jerry Hall oder Linda Evangelista. Die Metamorphose, die er hier seinen Trägerinnen unterzog - von Vamp bis verspieltem Girly - konnte man später auch in seinem eigenen Leben finden, als er sich radikal neu erfand und sich zum Bodybuilder trainierte.
Der 1948 in Straßburg geborene Mugler wurde als Kind österreichischer Eltern zum Balletttänzer ausgebildet und trat im Alter von 14 Jahren dem Ballett der Nationalen Rheinoper bei. Hier könnte man vermuten, dass auch die Prägung für die vielen klassischen Inspirationen seiner Designs kam, wie man beispielsweise stets vermuten könnte eine Königin der Nacht oder Wagners Walküren vor sich zu haben.
Die Inszenierung war generell das große Thema seiner Arbeit, Mode sah er dabei als zentralen Punkt an, welche seine Träger*innen schon fast übermenschlich wirken ließen.
Im Alter von 20 Jahren kam Mugler schließlich nach Paris und zeigte 1973 seine erste Kollektion "Café de Paris" - ein Jahr sollte es schließlich noch dauern bis er seine eigene Marke gründete. Mit seinen Entwürfen brachte er ein fantastisches, fast märchenhaftes Spektakel auf den Laufsteg, inspiriert von Autos, Insekten und animalischen Hybriden, Aliens, die sich ihren Weg durch Anpassung bahnen.
Thierry Mugler revolutionierte die Beauty-Branche
Einer der bahnbrechendsten Düfte, die es in der Beauty-Branche je gegeben hat und die Sparte der "gourmand"-Düfte begründete. Nicht zuletzt erzählte auch Duftmacher Kilian Hennessy im Interview mit L'Officiel Austria, dass die Kreation des Dufts ein Meilenstein in der Branche bis heute bedeutet und ähnlich Shalimar von Guerlain gleichzusetzen sei. Was für eine Selling-Power Thierry Mugler auch noch nach seinen großen Shows hatte, zeigt die Kreation von "Alien", der 2005 nach "Angel" lanciert wurde: 280 Mio. US-Dollar wurden jährlich an Verkäufen damit eingespielt.
Und natürlich wollten wir auch nicht das Video von George Michael's "Too Funky" vergessen, das mit einer Reihe an Supermodels und Rückspiegeln ausgestattet war und die Ära Mugler auf die Spitze trieb. In den 2010er Jahren wurde es dann ruhiger um ihn. Er verblieb Berater für die Clarins Group, die seine Düfte weiterhin vertrieb, auf schrille Couture-Inszenierungen, die der Welt den Atem nahm, konnte man allerdings nicht mehr zählen, denn er wollte inszenieren. Und so übernahm er die Regie für Beyoncé's "I am..."-Tour, die er mit dem Pop-Superstar kreierte.
Nicht zuletzt dadurch, war er einer der wichtigsten Couturiers und Modemacher, die das 20. und 21. Jahrhundert prägten.
Foto: Dominique Issermann