"Luxus ist kein Logo": Gastkommentar - Laura Sänger
Mit ihrem nachhaltigen Luxus-Seide-Label "La Katz" hat sie einen weiten Weg zurückgelegt. Ihre Gedanken zum Thema hat sie für L'Officiel Austria in einem Gastkommentar zusammengefasst.
Zu allererst habe ich einen Appell an eine neue Betrachtungs- und Umgangsweise mit Luxusmode: Es gibt keinen größeren Luxus als unsere Zukunft.
Aber was ist Luxus? Es ist Objekt der Verachtung oder der Verherrlichung. Besonders bei Instagram hat man schnell den Eindruck, Luxusmode sei der Inbegriff der Zurschaustellung von Kaufkraft. Dazu eine Masse an Logos, dass einem die Augen schmerzen.
Müde scrolle ich durch die App und frage mich, wann wir eigentlich vergessen haben, dass es sich um einen reinen Verkaufskanal handelt. Stattdessen reden wir uns ständig ein uns hier nur inspirieren zu lassen. Im Grunde konsumiere ich eine Aneinanderreihung von neuer Ware inklusive gefilterter Gesichter. Missoni Badeanzüge, pinke Valentino Kleidchen - wie Mytheresa, nur nicht gut kuratiert.
Selbst Traditionsmarken wie Hermès werden auf ihre Oran Slipper reduziert, die unverkennbar und überdimensional das ‘H’ Logo tragen. Wenn Parfüms und Sonnenbrillen als erster Einstieg in die Welt der Prestige Labels definiert werden, dann ist die Dior Saddlebag, die für das beige getönte Foto auf dem Pariser Bistrot Tisch drapiert wird, die logische Weiterführung.
Luxus polarisiert, weil er oft auf die Kaufkraft und das Objekt per se reduziert wird. Die Vielseitigkeit eines Kleidungsstückes, also Design, Philosophie, Material und Handwerk, wird dann durch das Logo auf den Preis runtergebrochen.
Der Name des Labels ist zwar der Hauptgrund für den Besitz, aber wie viel Beschäftigung fließt hier wirklich in Details der Produktionskette? Und kann überhaupt etwas richtig wertgeschätzt werden, wenn es als Trend, also mit einer geplanten zeitlichen Begrenzung, auftritt? Im Grunde fängt hier schon der erste Widerspruch an, denn Luxus im ursprünglichen Sinne steht für Qualität, Zeitlosigkeit und Wertschätzung - und damit Haltbarkeit. Diese Indikatoren sterben, wenn man alle paar Wochen eine neue Luxus-Handtasche durch eine andere ersetzt.
Ist Luxus eine ästhetische Erfahrung oder Protz?
Oscar Wilde schrieb: “Man versehe mich mit Luxus, auf alles Notwendige kann ich verzichten”. Nun lässt sich hier über den Begriff der Notwendigkeit streiten. Ich sehe Luxusmode als ästhetische Erfahrung - auch deshalb ist Protz ein grundlegend anderes Phänomen. Es ist auch ein veraltetes Verständnis des Wirtschaftens, wenn ökonomisches Handeln lediglich dazu dient, Gebrauchswerte und Statussymbole zu produzieren, anstatt dazu beizutragen, das Leben besser zu machen.
2020 gründete ich mein Seidenlabel La Katz genau aus diesem Idealismus heraus: Ein Produkt wirklich besser zu machen, jeden Schritt in der Lieferkette mit dieser Philosophie zu verknüpfen und damit Luxus wieder mit dem zu verbinden, wofür es eigentlich steht: Design, Material, Produktion und Zeit. Das wäre nicht einfach nur reine Seide zu verwenden, sondern biologische und kein Polyestergarn in der Verarbeitung.
Warum biologische Seide? Ein Drittel aller Chemikalien landen in unserer Kleidung. Die meisten davon sind wirklich nie für den Hautkontakt vorgesehen. Und ja, das zieht sich auch durch die komplette Preishierarchie, denn hier zieht der altbekannte Spruch "Teuer ist nicht gleich besser". Als Unternehmerin ist es meine Verantwortung, den Ist-Zustand zu hinterfragen. Und dieser ist in der Luxusbranche leider nicht automatisch besser als im Fast Fashion Bereich. Interessant ist dazu der Greenpeace Report "Luxusmode mit Nebenwirkungen". Dabei wurde beispielsweise die Chemikalie Antimon in Textilien bekannter Luxusmarken festgestellt. Antimon ist ein toxisches Schwermetall, das von der WHO als krebserregend eingestuft wird. Ein "kleines" Detail, das auf ein großes Problem hindeutet, denn es gibt kein international gültiges Siegel zur allgemeinen Regulierung in puncto Nachhaltigkeit in der Modebranche.
Und dann wäre da noch die Zeit, die aufgewendet wird, um Produkte zu kreieren. Jeder unserer Seidenmäntel wird bis zu sechs Stunden lang in der Schneiderei in Deutschland gefertigt. Allein dieser Zeitfaktor verlangt Wertschätzung.
Wir sollten uns selbst deshalb fragen, ob der Preis und das Logo als Maßstab reichen. Dabei leben wir in einer Welt der Dichotomie: H&M wird 2022 wegen Greenwashing verklagt, auf der anderen Seite ist Shein 2022 erfolgreicher als die Fast Fashion Konzerne Zara und H&M zusammen. Eine diverse Welt unterschiedlicher Konsuminteressen, die sich vor dem Hintergrund abspielen, dass ein Großteil die Realität des Klimawandels verdrängt und dabei an einer vergangenen Normalität festhält.
Ich bleibe aber Idealistin. Meine Eltern brachten mir schon bei, dass ohne Utopie keine neuen Welten, Kreativität und Ideen entstehen.