Michi Buchinger's vier Wände: Eine Home Story und Design-Reise in die Wiener Leopoldstadt
Michael Buchinger aka Michi Buchinger öffnet uns die Tür in sein neues Reich, das er mit seinem Partner Dominik Pichler seit einiger Zeit liebevoll einrichtet. Nach dem ersten Café au lait und einem Rundgang durch die Wohnung mit Fotografin Florentina Olareanu wird gleich einmal ausgiebig über den individuellen Interior-Mix geplaudert.
Buchinger, der mit seinen "Hass-Listen" auf YouTube berühmt wurde, mittlerweile Bestseller-Autor, Podcast-Buddy von Thomas Brezina und Comedian mit Tour-Programm ist, hat sich in der Leopoldstadt einen Rückzugsort geschaffen, der behutsam unterschiedlichste Stilrichtungen und Epochen zusammenführt.
Als Kulisse der zusammengetragenen, makellos renovierten willhaben- Preziosen (dazu kommen wir später noch) und Design-Klassikern dienen Wiener Kastenfenster und hohe Altbauwände, die eine Farbauffrischung von Graphit bis Hellgrau bekommen haben.
Die weißen Bouclé-Couch von Prostoria, die durch den farblichen Kontrast noch mehr an Beachtung findet, ist Lieblingsort der Hausherren für Bücherlesen ("Ich finde es suspekt, wenn Menschen keine Bücher haben." - Michi Buchinger) oder Fernsehen. Das Sofa wurde bei Area am Schottenring entdeckt. Dass in puncto Interior Wien keine gute Showroom-Qualität für ausgefallene Stücke hat, merkt Dominik an und freut sich auf den nächsten Trip nach London, wo ein ganz bestimmtes Regalsystem begutachtet werden soll. Welches es ist, wird noch nicht verraten.
Dafür offenbaren die Interior-Afficionados schon den Plan für ein nächstes Dream-Piece, das bald die Wand des ersten Wohnzimmers schmücken soll: Ein eigens angefertigtes Neon-Porträt von Dolly Parton. Diese hat dann freien Blick auf den Arbeitstisch, der im dunklen Mid-Century Style thront. Darüber schwebt ein Luster der historischen Doria-Werke, die in den 60er Jahren Design-Preise abräumten.
Um noch mehr Wohnlichkeit in die Räume zu bringen, wurde ein schlichter, geschlossener Kamin in dunklem Tannengrün gewählt. Er stammt aus dem Besitz der Familie aus dem Burgenland und wurde nach Wien transferiert. "Die gesetzlich vorgeschriebene Bodenplatte hätte ich lieber in Messing gehabt, aber da bin ich erst später draufgekommen", so Pichler, der in den vier Wänden die Design-Ägiden übernommen hat, wie Michi Buchinger erzählt, und ein wahrer Perfektionist ist: "Diese Wohnung ist ein Work-in-Progress."
Die imposante Büchervitrine wurde im Lockdown auf "willhaben" gefunden und händisch von vielen Lackschichten befreit. Darunter kam ein Holz zum Vorschein, das sich harmonisch in die Farbpalette des Zimmers einfügt. Der Gedanke die Vitrine wieder zu streichen, wurde damit verworfen. Jetzt teilt sie sich den Raum mit einem Esstisch mit dunkler Marmor-Platte und Thonet Stühlen, die authentischen Charme der Jahrhundertwende versprühen.
Aber zurück zu der Entlackungsodysee der Bücher-Vitrine: "Wenn ich an Lockdown denke, dann habe ich den Geruch von verbranntem Holz und Lack in der Nase." Die thermische Abbeize mittels Heizpistole hat ihre olfaktorische Memorabilia hinterlassen und die Vitrine damit sprichwörtlich als hölzernes Familienmitglied in die Erinnerung eingebrannt.
Doch alleine bleibt das Fundstück aus dem Internet wahrlich nicht, denn ein ähnliches Schnäppchen machte man im Badezimmer, das sich mit dem Prunkstück einer freihstehenden Badewanne schmückt. Wie sie dorthin gekommen ist? Eigentlich war eine andere geplant, doch nachdem im Berliner Showroom ein Trockenschwimmversuch in einer teuren Badewanne verwehrt blieb, schloss man die Emaille-Fee umso mehr ins Herz und strich sie - passend zur Wandfarbe - aussen in einem satten Schwarz.
Angegliedert ist die Küche, die ein Familienprojekt war, denn Pichler Vater ist Tischler und zauberte dem Raum eine praktische Einbauwand, die vor Neid erblassen lässt. Als visuelles Centerpiece über dem kleinen Esstisch wurde die Nemo Lampe de Marseille von Le Corbusier ausgewählt, die sich wie ein surrealer Retro-Pilz (but in a good way!) im Raum breit macht.
Doch kommen wir auch noch einmal zurück zum wesentlich - dem Kleiderschrank:
Der Comedien, der durch den deutschsprachigen Raum tourt, hat wahrlich ein Faible für ausgefallene Kleidungsstücke.
Marken? "Isabel Marant, Ami Paris und Gucci", dürfen es für ihn sein von denen er sich hin und wieder etwas gönnt, um auf der Bühne zu wirken.
Auf die Frage nach seinem ausgefallensten Piece holt er eine silberne Crop-Lederjacke von Alexa Chung's Modelinie aus dem Kasten. "Wenn ich auf der Bühne stehe, möchte ich besser angezogen sein als mein Publikum. Und wenn jemand mein Programm nicht mag, hat er den ganzen Abend lang wenigstens was zum anschauen!"
Ein Buchinger-Satz, den man sich gleich zum Lebensvorsatz nehmen könnte.
Fotos: Florentina Olareanu