Salonnière Novalis: Nicole Adler über das Faszinosum des Unerwarteten

Der Wiener Salons ist ein historisches Denkmal. Wie hat sich Ihr Salon am Schwarzenbergplatz ergeben?
Nicole Adler: "Im Wien der Zwischenkriegszeit luden Berta Zuckerkandl oder Eugenie Schwarzwald zum interdisziplinären Ideenaustausch. Für Salonnière Rahel Levin-Varnhagen war es beispielsweise die 'Republik des freien Geistes'. Als ich vor Jahren die Wohnung meiner Familie übernommen habe, war mir klar, dass sie sich für eine Art Open-Atelier eignen. Eine befreundete Künstlerin hat mir den Anstoß gegeben, dass Kunst hier Plattform hätte. Nachdem ich schon länger mit dem - female - Kunstgeschehen geliebäugelt hatte, war es naheliegend."
 
Welche Ähnlichkeiten gibt es zu den Wiener Salons? 
Nicole Adler. "Er ist ebenfalls interdisziplinär, das Hauptaugenmerk liegt auf dem Austausch. Ein Raum der Toleranz und Weltoffenheit, das Vernetzten von Generationen und Milieus ist mir wichtig. Und natürlich der facettenreiche feministische Aspekt. Mit jeder Ausstellung prallen Welten aufeinander. Dabei ist im Salon die Atmosphäre intimer als in einer Galerie."
 
Wo sehen Sie Ihren Beitrag für die Wiener Kunstszene? 
Nicole Adler. "Beruflich wie auch persönlich liegt mein Schwerpunkt seit dem Start meiner 'For Women Only'-Serie auf Frauen. Als ich mich mit Kuratorin Ema Kaiser-Brandstätter verknüpfte, wollten wir einen Gegenentwurf zum 'Boys Club' der Kunstszene formulieren. Wir sind weder Galerie noch Kunstraum, sondern Female-Plattform mit unterschiedlichen Ausrichtungen."

Gibt es auch eine persönliche Komponente, sich für feministische Ausrichtung zu entscheiden?
Nicole Adler: "Ich habe immer gerne mit Frauen gearbeitet, viele Interviews mit großartigen Frauen gemacht, woraus sich meine 'For Women Only'-Städteguides entwickelt haben. Gegenüber stark männlich organisierten Strukturen empfand ich hingegen immer Unbehagen. Im Laufe meiner Karriere habe ich erkannt, dass es anderen Frauen auch so geht und sie sich darüber austauschen sollten."

"Ich möchte das Etablierte dem gar nicht Etablierten gegenüberstellen und mit Klischees arbeiten, die in einem Raum wie diesem hier Reibungspunkte erfahren", so Nicole Adler im Gespräch.

Nach welchen Aspekten suchen Sie Künstlerinnen aus? 
Nicole Adler: "Ema kennt die junge Künstlerinnengeneration sehr gut. Ich habe Austausch mit Kreativen verschiedener Genres, bin neugierig und viel unterwegs. Auf der 'Parallel Vienna' hat Ema etwa vor einigen Jahren Sophia Süßmilch kennengelernt. Sie hatte keine Galerie und dann bei uns im Salon ausgestellt. Jetzt ist sie ein Shooting-Star. Anouk Lamm, ist mir auch vor Jahren dort aufgefallen. Im September 2020 hatten wir mit ihr einen Salon."
 

Gab es auch Gegenwind gegen das Salon-Format?
Nicole Adler. "Wenn dann eher Skepsis. Dr. Ursula Krinzinger (Galerie Krinzinger, Anm.) fand die Idee eines Salons als Präsentationsfläche für Eva Schlegel anfangs nicht passend. Danach hat ihr das Format aber doch sehr gefallen. Für uns war es großartig mit ihr zu arbeiten."
 
Auch als Diskussionsplattform ist Ihr Salon bekannt ...
Nicole Adler: "Genau! Nicolaus Schafhausen hat hier am Ende seiner Ära in der Kunsthalle einen Talk mit Eva Schlegel und Marianne Stålhös gemacht. Eine gemeinsam mit dem RRRRiot Festival veranstaltete Diskussionsrunde über Female Networking im Kunstbetrieb stieß auf großes Interesse. Viele Frauen kamen – von Studentinnen bis zu Museumsdirektorinnen. Fantastisch!"

Dieser Artikel erschien in der Winter-Ausgabe 2021 von L'Officiel Austria.