Designikone Christian Louboutin setzt seinen Fuß auf den österreichischen Markt und eröffnet in der Hauptstadt seinen ersten Flagship-Store des Landes. Ein exklusives Gespräch über Fantasie, Fetisch und die Kunst mit Design zu verführen.

Warum glauben Sie, dass Flagship Stores in der Bl&uuml;tezeit des Online-Shoppings besonders relevant sind?&nbsp;

Nun, in erster Linie hat die Entscheidung ein neues Gesch&auml;ft zu gr&uuml;nden, viel mit dem Ort zu tun. Ich war schon oft in Wien und ich bin wirklich ein Fan dieser Stadt. Normalerweise w&uuml;rde ich auch die Sommerfestspiele in Salzburg besuchen, au&szlig;er in diesem Jahr. Ich komme also nicht immer nur aus gesch&auml;ftlichen Gr&uuml;nden, sondern oft ist es auch nur eine gute Ausrede, um die Stadt und das Gesch&auml;ft zu besuchen. Gleichzeitig ist die Online-Pr&auml;senz definitiv wichtig, aber sie konkurriert nicht mit der unterschiedlichen Qualit&auml;t und Erfahrung, die Kunden beim Besuch eines Gesch&auml;fts haben. Um mich hier selbst als Beispiel heranzuziehen - was ich online kaufe, sind normalerweise Dinge, von denen ich wei&szlig;, dass ich sie will. Auf der anderen Seite m&ouml;chte ich aber auch &uuml;berrascht werden, wenn ich in ein Gesch&auml;ft gehe... Selbst wenn Sie eine Vorstellung davon haben, was Sie suchen, sind Sie oft erstaunt von dem, was Ihnen gezeigt wird. Es ist einfach eine andere Erfahrung!

Das Design des Gesch&auml;fts ist eine Hommage an Ihren eklektischen Stil - wie genau w&uuml;rden Sie Ihre eigene &Auml;sthetik definieren?

Das erste Wort, das mir in den Sinn kommt, ist in der Tat eklektisch, aber es ist mir auch sehr wichtig, eine Verbindung zum Handwerk zu haben. Kunsthandwerk und Farben - um genauer zu sein. Es gibt nur zwei Dinge, die mir nicht so viel Spa&szlig; machen, n&auml;mlich Schwarz - also das Nichtvorhandensein von Farbe und wenn etwas zu simpel ist und keine Details hat. Nat&uuml;rlich kann ich einige Bewegungen wie den Brutalismus in den 1960er Jahren in Italien verstehen, aber das ist nicht wirklich mein Ding. Ich bevorzuge Architektur, Innenarchitektur und Mode, die reich an Details sind. Wien ist in diesem Zusammenhang eine absolute Inspiration.

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„Fetisch hat mit Fantasie zu tun! ... Es ist eine Flucht vor der Realität und wichtig für alle Arten von Kunst.“ Christian Louboutin

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Man sagt, dass die ersten Paar Schuhe, die Sie entworfen haben, von Lady Di inspiriert wurden - genauer gesagt von einem Bild von ihr vor dem Taj Mahal. Was inspiriert Sie aktuell?

F&uuml;r das Design der sogenannten &ldquo;Love&rdquo;- Schuhe hatte ich zwar Lady Di im Sinn, aber nicht ihren pers&ouml;nlichen Stil. Ich hatte nur dieses ganz bestimmte Bild im Kopf, wo sie allein auf einem Stuhl vor dem Taj Mahal sitzt und ganz traurig auf ihre F&uuml;&szlig;e schaut. Meine Inspiration war fast wie in einem Comic und ich hatte die Idee, dass wie in einem Zeichentrick eine Nachricht auftauchen k&ouml;nnte, die sie zum L&auml;cheln bringt. Deshalb kam ich auf das Design, das eine einfache Botschaft hat, n&auml;mlich Liebe! Im Allgemeinen kann meine Inspiration von einem besonderen Moment, einer Haltung, einer Person kommen - nicht wirklich von einem Stil oder einer Mode. F&uuml;r mich dreht sich alles um die Details, auf die es wirklich ankommt - ob es nun von der Architektur kommt, von einem Tier, einem Schatten... gro&szlig;e Dinge in reduzierter Gr&ouml;&szlig;e &uuml;bersetzt.&nbsp;

Das klingt besonders zurteffend, wenn man bedenkt, dass Sie auf einer sehr begrenzten Fl&auml;che arbeiten.&nbsp;

Ja, aber Miniaturgem&auml;lde haben auch viele Details, man braucht keine riesige Leinwand, um etwas zu transportieren. Eine sehr, sehr kleine Sache kann genauso ber&uuml;hrend sein wie eine gro&szlig;e. Manchmal ist das Gegenteil der Fall und ein gr&ouml;&szlig;eres Kunstwerk gibt einem nicht unbedingt das gleiche intime Gef&uuml;hl.

Dieser allererste Entwurf ist mehr auf der humorvollen Seite, w&auml;hrend Sie auch f&uuml;r Ihren unbestreitbar sexy Stil bekannt sind. Was macht die Welt des Fetischs besonders interessant?

Fetisch hat mit Fantasie zu tun! Aber ehrlich gesagt, w&uuml;rde ich nicht als Fetischist bezeichnen &ndash; nur wenn es um Fantasie geht. Es ist vielmehr eine Flucht vor der Realit&auml;t und wichtig f&uuml;r alle Arten von Kunst.

Ihre Entw&uuml;rfe scheinen viele Frauen anzuziehen &ndash; egal in welchem Land oder Alter. Glauben Sie, dass jeder Mensch diese versteckte Seite hat?

Nat&uuml;rlich hatte ich, als ich anfing, Schuhe zu zeichnen, immer einen bestimmten Frauentyp im Kopf - meistens Showgirls, und ich glaube immer noch, dass in jeder Frau ein bisschen ein Showgirl steckt, so wie in jedem Mann ein Showman steckt. Die Vorstellung, dass man im echten Leben sehr unterw&uuml;rfig und vielleicht sogar sch&uuml;chtern sein kann, hindert einen nicht daran, in einer intimeren Umgebung sehr offen und anders zu sein. Ich kenne viele Schauspielerinnen, die ziemlich sch&uuml;chtern sind, aber wenn sie einmal auf der B&uuml;hne stehen, verwandeln sie sich vollst&auml;ndig in verschiedene starke Charaktere. Ich denke, dass jeder Mensch unter der Oberfl&auml;che viele Facetten hat.

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W&uuml;rden Sie sagen, dass es Mut braucht, Ihre Entw&uuml;rfe zu tragen?

Manchmal braucht es das, absolut! Die Leute sagen mir oft, wie sehr sie ein Design lieben, aber dass sie es nicht tragen k&ouml;nnten. Dennoch bietet sich manchmal die Gelegenheit, wo sie sich daf&uuml;r entscheiden. Fast wie ein heimliches Vergn&uuml;gen.

Sie haben kurz Schauspielerinnen erw&auml;hnt, und unter Ihren prominenten Kunden gibt es eine ganze Reihe... Und ich habe gelesen, dass Sie ganz wie ein Arzt, die Privatsph&auml;re Ihrer Klientinnen wahren wollen. Lassen Sie uns deshalb lieber &uuml;ber folgendes sprechen: Schuhe haben sehr viel mit dem K&ouml;rperbau einer Person zu&nbsp;tun - ist Komfort und Tragbarkeit etwas, das Sie beim Design ber&uuml;cksichtigen?

Nicht unbedingt, wenn ich die Skizzen zeichne, aber wenn es um die Produktion geht, ist es definitiv etwas, das in Betracht gezogen wird, denn meine Entw&uuml;rfe sind am besten, wenn sie getragen werden. Sie sind nicht als Museumsst&uuml;cke gedacht. Ich denke jedoch nicht daran, wenn ich mit dem Entwerfen beginne. Denn wenn Sie sich nur auf Eigenschaften wie Komfort konzentrieren, werden Sie am Ende wahrscheinlich einen Schuh haben, der genauso aussieht. Ich m&ouml;chte, dass die Leute sich meine Schuhe ansehen und denken, dass sie wie ein Traum aussehen, wie eine S&uuml;&szlig;igkeit, die man unbedingt vernaschen m&ouml;chte. Design und Spannung sind die ersten Dinge, die einem in den Sinn kommen sollen. Alles, was sehr real ist, widerspricht dem Prozess der Phantasie, den ich an die erste Stelle setze. Jedes andere Element, das n&ouml;tig ist, um es tragbar und bequem zu machen, wird sp&auml;ter im Herstellungsprozess hinzugef&uuml;gt. Ich glaube jedoch nicht an den Spruch, dass man leiden muss, um sch&ouml;n auszusehen - wenn man leidet, sieht man eigentlich nicht so schmeichelhaft aus.

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Liegt es daran, dass Sie unter anderem f&uuml;r Charles Jourdan gearbeitet und f&uuml;r Theater und Showgirls entworfen haben?

Ein Schuh ist ein sehr kleines und komplexes Element. Ob ein hoher Absatz bequem ist, h&auml;ngt auch sehr stark von der Form Ihres Fu&szlig;es ab und davon, ob Sie ein hohes Fu&szlig;gew&ouml;lbe haben. All diese Elemente m&uuml;ssen ber&uuml;cksichtigt werden und das macht meine Arbeit nicht leichter.

K&ouml;nnte man sagen, dass Ihre Schuhe nicht nur zum Gehen, sondern auch zum Tanzen gemacht sind?

Einige meiner Entw&uuml;rfe sind definitiv zum Tanzen gemacht. Schuhe haben ver- schiedene Funktionen, sie sind da, um zu gefallen, um zu flirten, um zu gehen... Es gibt unendlich viele M&ouml;glichkeiten und nicht alle Schuhe haben die gleiche Funktion.

Viele Leute sammeln Ihre Modelle, aber eher wie ein dekoratives Kunstwerk - st&ouml;rt Sie das?

&Uuml;berhaupt nicht, wenn Ihnen etwas gef&auml;llt und Sie es kaufen, liegt es an Ihnen, wie Sie es verwenden. Ich werde st&auml;ndig gefragt, wie man meine Schuhe kombinieren soll und meine Antwort ist immer dieselbe: &bdquo;Ganz nach Belieben!&ldquo; Es steht mir nicht zu, zu entscheiden, was die Leute zu meinen Entw&uuml;rfen tragen sollen. Ich lasse mich gerne &uuml;berraschen.&nbsp;

Apropos Kunst - w&uuml;rden Sie sich selbst als K&uuml;nstler bezeichnen?

Ich w&uuml;rde mich eher als Kunsthandwerker bezeichnen, mit einer Tendenz zur Kunst. Manchmal &uuml;berschneiden sich diese Dinge, wie man an meiner aktuellen Ausstellung in Paris sehen kann. Handwerker k&ouml;nnen K&uuml;nstler sein und umgekehrt. Das h&auml;ngt auch sehr vom Kontext ab, in dem die jeweiligen Werke pr&auml;sentiert werden.

Ihr Sortiment hat sich l&auml;ngst &uuml;ber Schuhe hinaus entwickelt - worauf wird der Schwerpunkt im neuen Gesch&auml;ft in Wien liegen?

Es wird eine Mischung sein, neben Damen- und Herrenschuhen werden wir auch Taschen mit einbeziehen. Auch dabei geht es mir um den Grad der Detailgenauigkeit jedes noch so kleinen Elements. Das ist &uuml;brigens auch der Grund, warum ich mit meiner Beautylinie begonnen habe - ich wollte sch&ouml;ne Objekte schaffen. Wenn man sich diese Branche im Besonderen ansieht, sind die meisten Dinge eher Standard und aus der Design-Perspektive nicht sehr interessant. Ich wollte Produkte kreieren, die man gerne behalten m&ouml;chte, weil sie einem so viel Freude und Vergn&uuml;gen bereiten. Da sowohl die Mode- als auch die Sch&ouml;nheitsindustrie so viel produzieren, ist es wichtiger denn je, nur Dinge zu schaf- fen, die lange halten und eine Art zweites Leben haben, da sie als Objekte aufbewahrt werden.

Bei einer so gro&szlig;en Auswahl - wie soll man sich da nur entscheiden?

Niemand muss w&auml;hlen. Man kann alles nehmen (lacht)!

Fotos: Christian Louboutin, Sofya Svetlaya

(Hin)Reissender Absatz

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