Die ewige Wiederkehr der Muse
Im Schanigarten des Wiener Traditionscafés Sperl begrüßt mich Sasha mit einem strahlenden Lächeln und gibt mir sofort das Gefühl, als würden wir uns schon ewig kennen. Nach dem Interview werden wir noch weiter dasitzen und „off the record“ über die Liebe zu Pasta, die Belgrader Partyszene und seine erste Woche in New York plaudern, die eine spontane Clubnacht mit Mickey Rourke miteinschließt – einfach nur so, weil man diesem Menschen gerne zuhört. Wenn sich Sasha etwas vornimmt, dann gibt es nichts, das ihn davon abbringen kann. Ob er es sich mit 14 Jahren in den Kopf setzt, Spitzenbasketballspieler zu werden, in einer Trainingspause zu Marketingzwecken „ein paar Castings“ macht, um einen seiner ersten Modeljobs bei Dolce & Gabbana zu ergattern, oder eben die Kunst, die ihn schon lange begleitet und der er sich nun vorrangig widmet. Seine neue Ausstellung „Die ewige Wiederkehr der Muse“ legt ihren Fokus auf die Muse, die ihn täglich begleitet und vorantreibt.
Wer oder was steckt für Sie hinter der Muse?
Ich finde es inspirierend in Zeiten wie dem Lockdown, in denen vieles stillsteht und auch eine gewisse Angst vorhanden ist, sich der Muse, der Inspiration hinzugeben. Ich habe das Glück gehabt viele Leben zu leben. Das ist für mich die Muse, die mich treibt und auf den richtigen Weg führt.
Was für ein Leben haben Sie bisher gelebt?
Basketball in der ersten italienischen Liga zu spielen war ein großer Traum, der mir viel Selbstbewusstsein gegeben hat. In einer Turnierpause hatte mein Agent die Idee ein paar Model-Castings zu machen – einer meiner ersten Jobs war gleich für Dolce & Gabbana. Das lustigste war eigentlich, dass ich mit der Fashion-Welt überhaupt nichts zu tun hatte, ich hatte keine Ahnung, wer Dolce & Gabbana ist und habe zu Domenico Dolce gesagt: „Hör mal, ich bin Basketballspieler, das ist jetzt nur off-season“. Aber das Leben wollte etwas anderes. Ich bin in der Modewelt geblieben, für ein paar Jährchen. (lacht!)
Sie haben gemeint Basketball war für Sie der Wunschtraum. Gab es auch in der Modewelt etwas, das Sie unbedingt erreichen wollten?
Ja, zum Beispiel die Kampagne für das Parfum von Donna Karan. Das war eine unglaubliche Erfahrung. Damals wurde für das Fotoshooting der ganze Times Square gesperrt. Wir wurden mittendrin auf einem Taxi fotografiert und alles stand still, damit wir unser Shooting machen konnten. Das sind die Momente, in denen der Wiener sagen würde: „Zwickt’s mi, i man i tram!“
Gab es für Sie ein einschneidendes Erlebnis, weswegen Sie begonnen haben sich Ihren Collagen zu widmen?
Ich habe die Modewelt wirklich lang gelebt und ich bin sehr froh und dankbar, dass das alles passiert ist. Aber nach so vielen Jahren ständig im Flieger, immer an anderen Orten, habe ich das Bedürfnis gehabt zur Ruhe zu kommen, um auch alles was ich erlebt habe zu verarbeiten. Die Kunst ist perfekt dafür. Deswegen war es dann für mich der nächste logische Schritt. Ich habe nicht nur Collagen auf Leinwand gemacht, sondern auch digitale und Video-Collagen sowie experimentelle Kunst.
Was interessiert Sie an Collagen als Kunstform?
Ich liebe Collagen, weil man etwas benutzt das schon existiert. Es ist wie Recycling auf einer spirituellen Ebene. Ich glaube, dass eigentlich alles eine Collage ist: unsere Gedanken sind ein Collagen-Mix aus dem was wir erlebt haben und unserer Phantasie. Transformation spielt da eine große Rolle. Ich versuche Informationen wie Propaganda oder auch Werbung in Kunst umzuwandeln. Aber ich kreiere nicht nur Collagen. Ich arbeite schnell und überall und habe gerade ein Werk beendet, das mich an mein eigenes Leben erinnert. Es heißt „Cut loose and break free”. Ich wollte die Muse von einem gewissen Raum befreien und sie irgendwo anders leben lassen. Das ist mehr Conceptual Art, aber ich glaube wir sind in einem Frame geboren und wenn man etwas ändern will, ist immer der erste Schritt, dass man sich von diesem Frame löst. Natürlich haben wir als Menschen Angst vor dem Unbekannten, aber wenn man die Angst einmal besiegt, ist man doch ein freierer Mensch.
Auf Ihrem Instagram-Profil schreiben Sie: „Becoming is more amusing than being“...
Man muss sich in den Prozess verlieben. Der Prozess ist so interessant und er macht einen glücklich. Wenn man seinen Traum realisiert, ist man dann dort, aber der Weg dorthin ist viel interessanter. Deswegen ist „becoming more amusing than being“. Das hat auch viel damit zu tun wie ich mit Kunst umgehe – Altes zu nehmen und Neues daraus zu machen.
Wie geht ein Künstler mit der Situation um, wenn etwa Gallerien wegen Corona geschlossen haben und alles zum Stillstand kommt?
Gewisse Hindernisse fordern unsere Kreativität. Ein Stillstand oder Lockdown draußen bedeutet nicht zu gleich Lockdown im Inneren – im Gegenteil: sogar ein Open-Up ist erforderlichm um alles zu hinterfragen und zu handeln. Ich habe ein Team zusammengestellt das sich auf den Online-Verkauf über meine Website (sashaknezevic.com) spezialisiert. Wir hatten auch die Möglichkeit eine „Virtual Gallery” zu erstellen, das heißt die Leute können virtuell „live” dabei sein und mit einem Klick die Originalwerke und Fine Art Prints sehen und kaufen oder sich einfach nur inspirieren lassen und mehr über den Künstler erfahren.
Arbeiten Sie gerarde an einer Austellung?
Ich bereite soeben eine Ausstellung für die „Parallel“ mit Martin Ho und der Ho Gallery vor, die vom 22.-27 September in Wien zu sehen seien wird. Wir planen gemeinsam auch eine großes Event in einer seiner Top Locations Ende November/Dezember.
Was bedeutet Erfolg für Sie?
Erfolg ist, dass man sich selbst findet und seinen Weg geht. Nie den Mut verliert um sich neu zu erfinden...Und Liebe, Liebe ist ganz wichtig! Liebe heißt, dass man mit den Menschen, die man liebt, zusammen ist, das gibt einem eine starke Basis. Und auch wenn man etwas tut, das man liebt. Wenn man das kombiniert ist man schon auf einem ziemlich guten Weg. Ich liebe es Kunst zu machen.
Was möchtest du mit deiner Kunst bewegen und welche Vision hast du?
Ich möchte die Menschen inspirieren, damit sie ihre eigene Wahrheit finden. Und ihnen zeigen, dass es nie zu spät oder zu früh ist, sich selbst neu zu erfinden. Jetzt ist die Zeit! Meine Vision ist es das innere Kind am Leben zu erhalten, dass neugierig experimentiert und sehr viel Spaß am (k)leben hat und diese Energie so oft wie möglich in der Welt zu teilen.
Klicken Sie hier, um die Online-Version der Ausstellung zu sehen.
Credits:
Fotos: Mato Johannik
Styling: Mike York, Perfect Props Artists
Produktion: Christoph Steiner
Location: F6 – The open factory.